IAN McEWAN: DIE KAKERLAKE“


Dem britischen Erfolgsautor Ian McEwan kam im Laufe des immer irrer werdenden Brexit-Chaos derartig die Galle hoch, dass er sich mit einer Satire über die Akteure Erleichterung verschaffte.
Keinen Geringeren als Franz Kafka bemühte er dazu und drehte dessen Geschichte vom braven Angestellten Gregor Samsa um, der eines Morgens zu seinem Entsetzen als auf dem Rücken liegender riesiger Käfer aufwachte. McEwan jedoch dreht diese Absurdität ins Groteske um: da erwacht eine rechtschaffene im Parlament hausende Kakerlake als „ungeheure Kreatur“ auf, als britischer Premierminister Jim Sams.
Entsprechend heißt der Titel dieser Erzählung denn auch „Die Kakerlake“. Und das Parlamentsungeziefer hat am verkaterten Morgen nur geringfügige Anlaufschwierigkeiten, die Amtsgeschäfte fortzuführen. Dies um so leichter, als er erfreut feststellt, dass bis auf eines sämtliche Kabinettsmitglieder wie er Kakerlaken in Menschengestalt sind.
Locker wird die hirnrissige Agenda der politischen Gauklertruppe fortgeführt, allerdings nicht mit so etwas furchtbar Vernünftigen wie dem Brexit. Die sturheil bis zur Blödigkeit verfolgte Mission lautet „Reversalismus“ und soll die Welt verändern. Wenn ihm das gelingt, müssen die Leute künftig fürs Arbeiten bezahlen, kriegen andererseits aber fürs Einkaufen Geld. So hatte es das Volk per Referendum gewollt und Jim Sams peitscht es gegen alle Widerstände durch.
Das wird zu einem ziemlich schrägen Spaß, zumal sich mächtig tumbes Volk um den einstigen Kakerlak tummelt bis hin zum postlenistischen Oppositionsführer und dem fernen Freund Archie Tupper im Weißen Haus. Die Akteure im unablässig wogenden Possenspiel sind im Übrigen bis zur Kenntlichkeit entstellt. Für einen ganz großen literarischen Wurf aber hat der sonst so wortgewaltige McEwan es ein wenig an ätzender satirischer Würze missen lassen.

# Ian McEwan: Die Kakerlake (aus dem Englischen von Bernhard Robben); 133 Seiten; Diogenes Verlag, Zürich; € 19

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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