HEIKE SPECHT: IHRE SEITE DER
GESCHICHTE
70 Jahre alt ist die Bundesrepublik Deutschland und in dieser Zeit gab es zwölf First
Ladies, acht Kanzler-Gattinnen sowie die Frauen der beiden DDR-Staatschefs. Alle spielten
eine nirgenswo festgeschriebene Rolle, denn ein offizielles Amt an der Seite des
Amtsinhabers ist nicht vorgesehen.
Doch diese Frauen waren alles andere als nur schmückendes Beiwerk und manchen darf man
eine erhebliche Einwirkung auf ihre Männer unterstellen. Die Biografin Heike Specht hat
sich dieser inoffiziell agierenden Persönlichkeiten angenommen und ihre große Recherche
mit Ihre Seite der Geschichte. Deutschland und seine First Ladies von 1949 bis
heute überschrieben.
Es sei teilweise ein schwieriges Recherchieren gewesen, erklärt sie dazu, denn manche der
Frauen standen nicht nur offiziell im Schatten ihrer Männer, sie wurden auch medial ins
zweite Glied gerückt. Dabei war schon die Gattin des ersten Bundespräsidenten Theodor
Heuss eine überaus bemerkenswerte Frau mit hoher Bildung und diese Elly Heuss-Knapp
verewigte sich gewissermaßen mit der Gründung des Müttergenesungswerkes.
Zu Unrecht fast vergessen auch ihre Nachfolgerin Wilhelmine Lübke, die an der Seite
Heinrich Lübkes vor allem in den späten Jahren so manche seiner Tolpatschigkeiten
diskret ausbügelte. Den stärksten und bis heute unvergessenen Auftritt hatte die
überaus selbstbewusste Ärztin Mildred Scheel, die in ihrer Ägide die Deutsche
Krebshilfe gründete. Doch auch die beiden jüngsten First Ladies Doris Schadt
(Politik-Journalistin) an der Seite von Joachim Gauck und Elke Büdenbender (Richterin) an
Frank-Walter Steinmeiers sind alles andere als Heimchen am Herd.
Zumindest nicht als First Ladies bezeichnet wurden übrigens die beiden Vertreterinnen aus
40 Jahren DDR, wobei Lotte Ulbricht eine recht bescheidene Rolle als Reisebegleiterin
Walter Ulbrichts innehatte. Ganz im Gegensatz zu Erich Honneckers dritter Ehefrau Margot,
die seit seinem Aufstieg zum obersten Staatslenker eine mächtige Strippenzieherin und
gefürchtete Ministerin für Volksbindung war.
Sehr unterschiedlich in Einfluss und Wirkung erwiesen sich auch die Gattinnen der
deutschen Kanzler, sei es die elegante Ruth Brandt, sei es die kluge, zurückhaltende
Hannelore Kohl. Von ihr wird sogar vermutet, dass sie maßgeblich an der Abfassung von
Helmut Kohls legendärem Zehn-Punkte-Programm zur Wiedervereinigung direkt mitgewirkt hat.
Und noch politisch war schließlich Doris Schröder-Köpf an Gerhard Schröders Seite,
denn die gelernte Journalistin brachte sich mit einigem Einfluss in seine Kanzler-Agenda
ein.
Wenn in Heike Spechts Reigen illustrer quasi ehrenamtlich agierender Persönlichkeiten der
First Husband, der Gatte von Bundeskanzler Angela Merkel, fehlt, so wurde er
nicht etwa auf Grund seines Geschlechts ausgelassen: der emeritierte Chemie-Professor
lehnte entsprechende Gespräche ab, da er keinen öffentlichen Rummel schätzt. Fazit:
eine andere, durchweg sehr interessante Geschichte Deutschlands in den 70 Jahren seines
Bestehens.
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