ERNESTO ASSANTE: „WOODSTOCK“


Kaum zu glauben aber wahr: Woodstock, das wichtigste Gipfeltreffen der Rockgeschichte, ist nun 50 Jahre her. Was damals im August 1969 in der Öffentlichkeit als Hippie-Treffen für geschätzte 50.000 Besucher angedacht war, wurde zu einem magischen Rockfestival mit rund einer halben Million Menschen.
Den Weg bis zu diesem Höhepunkt der Hippie-Bewegung, das überaus chaotische Ereignis selbst und Stimmen von Zeitzeugen fasste dazu der italienische Musikjournalist Ernesto Assante in dem Textbildband „Woodstock – Die Rock-'n'-Roll-Revolution von 1969“ zusammen. Eingangs beschreibt er die Bewegung hin zum Geist des gesellschaftsverändernden Aufbruchs mit Legenden wie Jack Kerouac und Allen Ginsberg.
Und dann dieses Festival auf den 240 Hektar Weiden von Max Yasgur, organisiert von einem 25-jährigen absoluten Greenhorn namens Michael Lang. „3 Days of Peace & Music“ wurden angekündigt mit zuguterletzt 31 Auftritten von Gruppen und Interpreten für ganze 8 Dollar pro Tag (umgerechnet etwa 50 Euro). Doch von Richie Havens' unplanmäßig ausgedehntem Gig am 15. August bis zum abschließenden von Jimi Hendrix – am Morgen des bereits vierten Tages, also bereits nach dem offiziellen Ende und vor nur noch einigen 10.000 Zuhörern – lief nichts nach Plan.
Die Lebensmittel- und Getränkevorräte waren dem Massenansturm ebenso wenig gewachsen wie die hygienische und ärztliche Versorgung. Weitaus schlimmer aber war der heftige Landregen, der schon in der ersten Nacht einsetzte, während der indische Sitar-Guru Ravi Shrankar seinen extravaganten Auftritt hatte. Bald wateten die Zuhörer in Matsch und Schlamm und die überforderte Technik auf der einzigen Bühne machte immer wieder Probleme und alles deutete auf eine Katastrophe hin.
Doch – statt ausbrechender Gewalt wurden diese Menschenmassen zur „Woodstock Nation“. Da halfen wildfremde Menschen einander, man war eine riesengroße positive, friedliche Gemeinschaft im anbrechenden Zeitalter des Aquarius: 100 Meilen von New York entfernt wurde Woodstock zum ungeschriebenen Manifest eines Gegenentwurfs der Gesellschaft. (Auch wenn Yasgurs Farm in Wirklichkeit zur Gemeinde Bethel gehörte, doch die Plakate waren bei der notwendig gewordenen Verlegung vom Ursprungsort schon gedruckt gewesen!).
Es gibt größere Bildbände zum Woodstock-Festival als diesen, doch er zeigt die Atmosphäre wie sie war und natürlich fehlen auch viele der längst ikonischen Aufnahmen nicht. Autor Assante beschreibt die gesamte Musikfolge einschließlich solcher Stars wie Joan Baez, der schwangeren „Nachtigall von Woodstock“ oder Joe Cocker, der hier seinen internationalen Durchbruch erlebte. Der Autor macht das Bewusstsein dieser Woodstock Nation verständlich und dazu passen auch die abschließenden Interviews mit Zeitzeugen wie Carlos Santana oder Roger Daltrey von The Who (obwohl die mit der Hippie-Bewegung denkbar wenig im Sinn hatten!).
Assante lässt aber auch keinen Zweifel daran, dass die Berühmtheit und der Mythos von Woodstock niemals diesen Kultstatus erlangt hätten ohne den weltweit erfolgreichen Film vom Festival, der nicht nur Dokumentation war sondern die Emotionen und des Geist der „3 Days of Peace & Music“ herüberbrachte.

# Ernesto Assante: Woodstock – die Rock-'n'-Roll-Revolution von 1969; 224 Seiten, über 100 Abb., Großformat; White Star Verlag, Mailand;

€ 29,95

 
WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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