USCHI BRÜNING: „SO WIE ICH“


Was in der Bundesrepublik meist übersehen wurde: die Ddr hatte neben erstaunlichen Rock- und Pop-Bands auch eine beachtliche Jazz-Szene. Spätestens mit ihrer Autobiografie „So wie ich“ setzt ihr größter weiblicher Star Uschi Brüning dem nun ein beeindruckendes Denkmal.
1947 in Leipzig geboren, hatte Brüning eine sehr unerfreuliche Kindheit in einem katholischen Kinderheim, nachdem ihre alleinerziehende Mutter sich überfordert sah. Schon früh zeigte sie als Mädchen eine überragende Sangeskraft und mit ihrem ersten Auftritt als 13-Jährige beim VEB Galvanotechnik Leipzig startete sie eine Art Selbstrettung. Ihre Idole sind Caterina Valente und Ella Fitzgerald, zu einem richtigen Musikstudium wird sie aber trotz aller Begabung nicht zugelassen.
Doch als inzwischen gelernte Gerichtssekretärin gelingt er mit einer Mischung aus Talent und Glück nicht nur dennoch der Einstieg. Sie besucht die Musikschule Berlin-Friedrichshain – Spezialklasse für Tanzmusik und Gesang – und bekommt sogar ein Engagement bei der Klaus-Lenz-Band. Und sie wird nicht nur endgültig Berufssängerin, Anfang der 70er Jahre kommt es zur engen Zusammenarbeit mit dem angesagten Schauspieler und Sänger Manfred Krug (1937-2016).
Was zugleich zu einer lebenslangen engen Künstlerfreundschaft führt. Chronologisch und dank der Unterstützung der Krug-Lektorin Krista Maria Schädlich auch anspruchsvoll und fesselnd geschrieben, erzählt Uschi Brüning von einem sehr besonderen Künstlerleben. Der ursprüngliche Gedanke an den Aufstieg zu einer populären Schlagermieze zerschlägt sich bald, doch schon 1975 hat sie ihre eigene Band „Uschi Brüning & Co“.
Wichtigster Mann in ihrem Leben wird dann Ernst-Ludwig „Luten“ Petrowsky, einer der größten deutschen Musiker des modernen Jazz, Brünings große Liebe. Was sie mit dem international berühmten Free-Jazz-Saxophonisten alles erlebt – dabei meist auch künstlerisch als Duo – offenbart nicht nur höchst interessante Blicke in die Szene. Schließlich leben und arbeiten die Beiden weit überwiegend in der DDR.
„Ich werde geadelt. Ab 1978 war ich Reisekader“ gibt sie ebenso trocken wie noch heute erstaunt wieder. Dazu passen die vielen Schilderungen, die belegen, dass der Jazz eine bemerkenswerte Narrenfreiheit im Arbeiter- und Bauernstaat genoss und den Spitzenmusikern beachtliche Freiheiten eröffnete.
Da das Alles dennoch stets ein Vabanquespiel war, bei dem die Staatsmacht für die nötige Loyalität sorgte, zahlte auch Uschi Brüning ihren Preis, als sie 1976 ihre Unterschrift unter die Resolution gegen die Ausbürgerung Wolf Biermanns zurückzog. Die „von oben“ geschürte Angst, nicht mehr auftreten zu dürfen, war einfach zu groß: „Musik war für mich der Grund, warum ich morgens aufstand.“
Die Qualität dieser Lebensbeschreibung liegt sowohl in der Offenheit Brünings wie auch in dem spannenden Blick in ein bisher wenig bekanntes kulturelles Terrain der DDR. Und es berührt die überall zu spürende Liebeserklärung der ebenso berühmten wie beliebten Jazzsängerin an „Luten“ wie auch die bewegende Hommage an Künstlerfreund Manfred Krug.

# Uschi Brüning: So wie ich; 269 Seiten, div. Abb.; Ullstein Verlag, Berlin; € 20

 
WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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