ANTHONY HOROWITZ: „EIN PERFIDER PLAN“


Anthony Horowitz ist bekannt für seine Sherlock-Holmes-Geschichten, die Alex-Raider-Detektivreihe für Jugendliche sowie zahlreiche Film- und Fernsehdrehbücher. Mit seinem jüngste Roman „Ein perfider Plan“ aber legt der britische Bestsellerautor einen speziellen Geniestreich vor, denn er ist mittendrin als Ich-Erzähler.
Als solcher wird er von Daniel Hawthorne rekrutiert, um bei dessen Ermittlungen zu einem Mord dabei zu sein und aus dem Fall ein Buch zu machen. Horowitz kennt den entlassenen Kriminalbeamten, der aber dennoch in schwierigen Fällen als zusätzlicher Ermittler der Polizei hinzugezogen wird, von seiner Beratertätigkeit bei Krimiserien in Fernsehstudios.
Für den Schriftsteller gibt es gleich zwei Gründe, warum er eigentlich ablehnen möchte und einen äußert er mit einer Art bescheidenem Narzissmus: „Ich erwähne das nur, weil es mich beunruhigt, dass ich in dieser Geschichte hier so im Vordergrund stehe.“ Zweitens ist dem Gentleman der sperrige Hawthorne mit der Neigung zu unflätigen Flüchen und den brachialen Kritikäußerungen an Horowitz' Schreibe reichlich unsympathisch.
Doch der erfolgreiche Mord-Ermittler zieht den Autor mit seiner merkwürdigen und ebenso komplizierten wie treffsicheren Detektivarbeit im Nu in sein Projekt. Zumal auch der fragliche Fall außergewöhnlich erscheint. Da hat die wohlhabende Witwe Cowper bei einem vornehmen Bestattungsinstitut ihre künftige eigene Beisetzung durchorganisiert und sechs Stunden später wird sie im eigenen Wohnzimmer mit einer Gardinenkordel erwürgt.
Da es keinen Einbruch gegeben hat, rätseln die Ermittler – Horowitz gelingt es wiederholt einfach nicht, sich als stummer Begleiter zurückzuhalten – über mögliche Motive. Während der Sohn der Witwe trotz Geldproblemen nicht als Täter in Frage kommt, da er als erfolgreicher Fernsehschauspieler in den USA weilte, stößt Hawthorne auf einen Flecken in der Vergangenheit der Ermordeten.
Vor zehn Jahren hat sie die damals achtjährigen Godwin-Zwillinge mit dem Auto überfahren und ist erst einmal geflüchtet. Der eine Junge starb sofort, der andere trug ein irreparables Schädel-Hirn-Trauma davon. Doch obwohl sich herausstellte, dass Cowper ohne ihre dringend erforderliche Brille gefahren war, wurde sie dank einer Gesetzeslücke vor Gericht freigesprochen. Also Rache aus der Familie, die über das Unglück zerbrach? Aber warum erst nach so langer Zeit?
Der Fall erweist sich jedoch als weitaus komplexer, als es zunächst erscheint. Und so manches offenbart sich anders, als es scheint. Es kommt zu überraschenden Wendungen und dramatischen Entwicklungen, alles aber ist so perfekt aufgebaut, dass es fesselt und überzeugt. Anthony Horowitz wird dabei zum regelrechten Dr. Watson und er bescheinigt dem bärbeißigen Ex-Polizisten Sherlock-Holmes-Qualitäten: „Ein merkwürdiger, komplizierter, aber wirklich brillanter Detektiv.“
Das ist Spannungsliteratur vom Feinsten und glänzt „very british“ mit entsprechendem Humor, hinreißendes Charakteren und der elegante Schreibstil wird auch in der kongenialen Übersetzung spürbar. „Hawthorne ermittelt“ lautet der Untertitel und er deutet auf weitere gemeinsame Fälle dieses interessanten Duos hin. Fazit: ein Leckerbissen für jeden Krimifreund mit Anspruch.

# Anthony Horowitz: Ein perfider Plan. Hawthorne ermittelt (aus dem Englischen von Lutz-W. Wolf); 361 Seiten; Insel Verlag, Berlin;

€ 22

 
WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

Dieses Buch bei Amazon.de bestellen. 


Kennziffer: BEL 1400 - © Wolfgang A. Niemann - www.Buchrezensionen-Online.de