JACQUELINE SUSANN: DAS TAL
DER PUPPEN
Als die US-Schauspielerin Jacqueline Susann 1966 ihren zweiten Roman Das Tal der
Puppen veröffentlichte, wurde der umgehend als Buch und bald auch als Film ein
Welterfolg. Nun liegt der Multimillionseller in einer Neuauflage vor und macht eines
deutlich: seine Themen von Ruhmsucht, Geldgier, Macht und den Preis, den man dafür zu
zahlen bereit ist, erweisen sich als zeitlos.
Mitte der 60er Jahre galt er vielen als skandalös, denn die Autorin ging schonungslos
offen mit Themen wie dem promisken Treiben um der Karriere willen, dem Sex und den
hilfreichen Pillen und sogar einem Tabu wie alternden Stars um. Selbst das absolut
verpönte Thema Homosexualität wird in dem hektischen Treiben nicht ausgespart wie
so manches andere seinerzeit noch anrüchige Sujet.
Im Mittelpunkt stehen zu Beginn im letzten Kriegsjahr 1945 Anne, Neely und Jennifer. Sie
kommen aus Kleinstadtverhältnissen nach New York und träumen von Karrieren am Broadway.
Anne schafft es von der Anwaltssektretärin bis zum Model für Haar- und Make-up-Produkten
während Neely tatsächlich Erfolg als Sängerin hat.
Jennifer wiederum setzt auf ihr größtes Talent, ihren wohlgeformten Körper mit den
männermordenden Brüsten. Doch die Wege durch das Labyrinth des Showbusiness sind
verschlungen und niemals zimperlich. Alle Drei schaffen es nach oben, doch
Moralvorstellungen bleiben auf der Strecke und der Dauerstress des Schönseins und
Gefallenmüssens ist bald nur noch mit den legendären Püppchen durchzuhalten
damals ein Synonym für all die Uppers und Downers, die zum Funktionieren oder
Runterfahren eingeworfen wurden.
Zweckdienliche Ehen und Beziehungen, Star-Allüren und Abstürze bis in die Entzugsklinik,
die Autorin blickt gnadenlos hinter die Kulissen. Die sie im Übrigen aus eigenem Erleben
bestens kannte. Wie dann auch die große Katastrophe für Jennifer autobiografische Züge
offenbart: Jacqueline Susann hatte die erste Brustkrebsoperation bereits hinter sich, als
sie den Roman verfasste, und nur acht Jahre später starb sie daran.
Auch ihr expliziter Umgang mit dem damals noch sehr heiklen Thema wurde als skandalös
empfunden. Und sie gönnte ihrem Alter ego sogar einen besonders spektakulären Abgang:
statt Operation lieber ein Suizid, um als schöne, unverstümmelte Leiche abzutreten.
Dem Roman vorangestellt ist übrigens ein jetzt erstmals veröffentlichter Artikel, in dem
sich die Autorin 1966 über unsachliche Vorwürfe beklagte: Mein Buch ist nicht
obszön! Wer andererseits moniert, welch antiquiertes Frauenbild die Männer hier
pflegen und damit auf wenig Widerstand bei den karrieregeilen jungen Damen stoßen, der
muss sich die unemanzipierten Zeiten zwischen 1945 und 1965 in Erinnerung rufen. Aber man
denke auch an gegenwärtige Fälle wie den des übergriffigen Filmmoguls Harvey Weinstein.
Fazit: auch heute noch ist dieser Roman absolut lesenswert und die überaus spannende
Lektüre hat durch die moderne Neuübersetzung wohltuenden frischen Wind erhalten.
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