RAPHAEL CONFIANT:
UNBESCHOLTENE BÜRGER
Er nennt sich Jack Teddyson, weil das für sein Metier einfach besser klingt als Raymond
Vauban. Er ist 44, hat einen Abschluss in Jura, schlägt sich aber als unterbeschäftigter
Privatdetektiv in Fort-de-France, der Hauptstadt von Martinique, herum.
Damit beginnt der frech-charmante Kriminalroman Unbescholtene Bürger von
Raphael Confiant, hauptberuflich Professor an der Universität der französischen
Karibik-Insel mit ihrem schwelgerischen Klima. Zu Teddyson kommt die Witwe Ferdinand,
damit er wegen des Mordes an ihrem Mann ermittelt. Der war einer der größten und
angesehensten Unternehmer der Insel, nach Aussage der ratlosen Polizei aber nackt,
gefesselt und kastriert im Haus seiner angeblichen Mätresse gefunden worden.
Mord aus Eifersucht? Ein Ritual als Bestrafung? Politische Machenschaften? Alles erscheint
möglich, doch wie Teddyson seine Arbeit angeht, das ist eher lässig und wenig
professionell er bekennt ja selbst, dass das größte seiner wenigen Talente ein
phänomenales Gedächtnis ist. Und so scheint vieles nicht sonderlich zielführend,
andererseits ticken die Uhren in der Karibik eben etwas anders.
Da findet er erste Ansätze bei seiner Verlobten, der überaus attraktiven
Prostituierten Veronica, die ihn nur alle paar Monate erhört, dann allerdings gratis. Bei
Madinina Constructions, dem Bauunternehmen des Ermordeten, erfährt Teddyson
von dessen großem autoritärem Mitmischen bei der Untergrundlotterie
Borlette. Die jedoch die Haitianer auf Martinique quasi für sich allein
reklamieren.
Offenbar war Sésostris Ferdinand nicht ganz der feine Gentleman, als den die Gesellschaft
ihn angesehen hatte. Wie auch seine Witwe, die sich allerdings selbst einen jüngeren
Geliebten hält. Der umtriebige Teddyson wiederum stößt über die Mätresse eines
Anderen auf eine politische Spur, denn die pflegt nicht nur die physischen Gelüste des
Herrn Bürgermeister und Parlamentsabgeordneten Salbert. Und wenn es um ganz viel dunkles
Geld und heikle Geschäftsbeziehungen geht, wird es für einen kleinen Schnüffler wie den
Ich-Erzähler Jack Teddyson irgendwann richtig ungemütlich, zumal wenn er einfach zu
erfolgreich schnüffelt.
Und davon einfach herrlich nonchalant, respektlos und mit entlarvendem Humor erzählt. All
diese Verwicklungen und diese sehr karibischen Sitten und Gebräuche bringt der vielfach
ausgezeichnete Autor süffisant in dieses betörende Panoptikum ein. Wer den fröhlichen
Charme dieser sonnenverwöhnten Blumeninsel mit ihren so gar nicht erdenschweren Menschen
einmal erlebt hat, weiß, wie authentisch das Alles geschrieben ist.
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