MARTIN CRUZ SMITH: „IM SCHATTEN VON SAN MARCO“


Es ist eine mondlose Nacht im Frühjahr 1945 in einer abseitigen Bucht bei Venedig, als der Fischer Cento Vianello beim Fischen eine vermeintlich tote Frau im Wasser entdeckt und an Bord seines Bootes zieht. Kurz darauf wird er von einem deutschen Patrouillenboot kontrolliert, es wird jedoch nichts Verdächtiges gefunden.
Damit beginnt „Im Schatten von San Marco“ von Martin Cruz Smith (größter Erfolg „Gorki Park“). Die junge Frau heißt Giulia Silber und war um ihr Leben geschwommen, nachdem sie als Einzige der Vernichtung der Juden auf San Clemente entgangen war. Dort hatten sie sich in der Irrenanstalt versteckt habt, wurden jedoch an die SS verraten.
Nun war sie erneut untergetaucht, bis die Gefahr vorbei zu sein schien. Doch die Schergen geben nicht so schnell auf und der eigentlich unwillige Cento muss sogar einen deutschen Leutnant umbringen, um die 18-Jährige endgültig retten zu können. In Sicherheit bringen soll sie sein früherer Kriegskamerad Russo. Doch der kommt dabei um und stattdessen taucht Centos Bruder Giorgio mit dem deutschen Oberst Steiner bei ihm auf.
Der arbeitet insgeheim angesichts der Kriegslage jetzt mit den Alliierten zusammen. Und mit Giulias Vater, der seine Tochter allein schon deshalb dringend sucht, weil sie den Verräter von San Clemente kennt. So verhasst die Brüder auch untereinander sein, seit der Faschisten-Filmstar Giorgio dem Jüngeren die Frau ausspannte, nun gilt es zusammenzuhalten. Und das Geschehen verlagert sich nach Salo in jene obskure Republica Sociale d'Italia, die für kurze Zeit das letzte Machtrefugium von Benito Mussolini war.
Hier am Gardasee bekommen es die Brüder und Oberst Steiner mit einer ganzen Anzahl schillernder Figuren zu tun und auch der Duce spielt eine Rolle. Die Lage ist hochexplosiv, denn es stehen Faschisten, deutsche SS-Truppen und Partisanen gegeneinander. Wobei letztere aufgehört haben, Gefangene zu machen. Aber auch sonst traut keiner keinem und nebenher mischt die Gattin des argentinischen Konsuls mit, um Nazigrößen Pässe für ihr Land zu verschaffen. Im Übrigen treibt ein höchst obskurer Otto Klein als angeblicher Schweizer Filmproduzent ein mehr als verdächtiges Spiel.
Trotz überall lauernder Lebensgefahr entwickeln sich zwischen Cento und Giuglia zarte Bande. Doch rundherum brodelt ein Hexenkessel, aus dem der frühere Militärpilot Cento schließlich mit der Liebsten und Dutzenden Goldbarren des Duce in einem gekaperten Kleinflugzeug nach Venedig entkommt. Ob die Flucht gelingt und es ein Happyend gibt, sei hier jedoch nicht verraten.
Vor der Kulisse der historischen Ereignisse fabuliert Martin Cruz Smith munter drauf los und das Geschehen mag zwar nicht immer ganz logisch sein, es ist jedoch ausgesprochen packend und filmreif geschrieben. Fazit: beste Unterhaltung voller Action, Überraschungen und interessantem Personal – nicht mehr, aber auch nicht weniger.

# Martin Cruz Smith: Im Schatten von San Marco (aus dem Amerikanischen von Rainer Schmidt); 349 Seiten; C. Bertelsmann Verlag, München; € 20

 
WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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