ANDREAS PFLÜGER: „NIEMALS“


Eine Ermittlerin wie Jenny Aaran dürfte in der Lieratur ziemlich einzig dastehen: nach einem missglückten Einsatz vor fünf Jahren in Barcelona ist sie blind. Doch die extrem geheime „Abteilung“ für sehr spezielle Geheimaktionen wollte nicht auf die schon früh vom Vater gestählte Kampfmaschine mit dem eidetischen Gehirn und den hypersensiblen Sinnen verzichten.
So wurde sie als Verhörspezialistin in die verschworene Truppe mit den 40 Spezialpolizisten zurückgeholt. Und hatte es in dem atemberaubenden Thriller „Endgültig“ intensiv mit ihrem Todfeind zu tun. Nun hat Autor Andreas Pflüger nachgelegt und geht mit „Niemals“ in noch größere Dimensionen des globalen Verbrechens.
Zur Eröffnung allerdings serviert er einen rasanten Rückblick in einen rabiaten Einsatz vor zehn Jahren in Rom. Mit einer noch im Vollbesitz aller Sinnen stehenden Aaron – wie ihre Kollegen stets nur beim Nachnamen genannt – versucht man einen der ganz großen internationalen Bosse zu erwischen. Auf die Spur gebracht hatte sie der charmante umtriebige Geschäftemacher Leon Keyes, der bei dem Einsatz umkommt, obwohl Aaron für sein Leben bürgte.
Stattdessen folgt nun etwas Ungeheuerliches: ihr Todfeind hinterlässt Aaron unfassbare zwei Milliarden Dollar. Hinter denen ein infernalisches Geheimnis steckt, denn es geht hier um ein aberwitziges Geschäftsmodell: da zettelt jemand weltweite Terroranschläge an und wettet an den Börsen auf die dadurch verursachten, wohlkalkulierten Aktienschwankungen.
Doch das gnadenlose Katz-und-Maus-Spiel, das nun unter anderem nach Marrakesch aber auch in verschneite Berge führt, zieht nicht nur eine blutige Spur nach sich. Für Aaron eröffnen sich in immer neuen Wendungen Aspekte, die die Jagd nach dem extrem skrupellosen Mastermind mit sich bringt, die diesen Einsatz zu einem ganz persönlichen Rachefeldzug werden lassen.
Die Ereignisse überschlagen sich in atemberaubender Dramaturgie und Aaron ist nicht die einzige hinreißende Figur in diesem actionreichen Roman, der sich den Begriff Thriller über alle Maße verdient. Allen voran ist ihr treuester Freund Pavlik zu nennen, der Meisterscharfschütze. Zugleich erhält Aaron noch schärfere Konturen, zumal als der von ihr sehr ernst genommene Moralkodex des Bushido von ersten Schemen erschüttert wird, die die irre Hoffnung aufkeimen lassen, dass ihr Sehvermögen doch nicht rettungslos verloren ist.
Erneut fesselt zudem diese meisterhaft beherrschte Sicht der Geschehnisse aus dem Blickwinkel der blinden Heldin. Und so wenig manches miteinander zu tun haben scheint – alles fügt sich schließlich im fulminanten Finale. Bis in kleinste Details präzise und stimmig, fesselt diese wie in Granit gemeißelte schnörkellose Prosa mit ihrer ungemein dichten Atmosphäre sowie den knackigen Dialogen und dem zuweilen durchschimmernden bärbeißigen Humor.
Um so mehr freut den anspruchsvollen Freund intelligenter Hochspannungsliteratur die Aussicht, dieser einzigartigen Ermittlerin und ihren verwegenen Kollegen noch ein drittes Mal begegnen zu dürfen – der Autor hat es versprochen!

# Andreas Pflüger: Niemals; 475 Seiten; Suhrkamp Verlag, Berlin; € 20

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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