PAUL THEROUX: EIN LETZTES MAL
IN AFRIKA
Mit 22 Jahren ging Paul Theroux erstmals nach Afrika und entdeckte es nicht nur als ein
Königreich des Lichts für sich, er lebte sogar zeitweise dort. Als einer der
erfolgreichsten Reiseschriftsteller aller Zeiten kehrte der US-Amerikaner Anfang des
Jahrtausends für eine Reise von Kairo bis nach Kapstadt auf den Kontinent zurück, wovon
2003 sein Dark Star Safari ein großartiges Zeugnis ablegte.
Doch als er 2012 eine Art Abschiedsreise in sein geliebtes Afrika unternimmt, die ihn von
Kapstadt bis nach Timbuktu bringen soll, bricht der damals 71-jährige Literat sein
Vorhaben bereits auf der dritten Station in Angola frustriert ab. Wie es dazu kam,
schildert der weltweit reiseerprobte Theroux in seinem Bericht Ein letztes Mal in
Afrika.
Zum Auftakt beschreibt er ein Erlebnis, wie es in seiner Urwüchsigkeit all das zu
offenbaren scheint, was man an authentischem Ur-Afrika so faszinierend findet. Er begegnet
den Buschmännern, die sich selbst Wahre Menschen nennen und sich bei ihrer
archaischen Lebensweise zuschauen lassen. Doch Theroux ist in einem lebendigen
Museum gelandet, inszeniert für neugierige Touristen, und hernach ziehen die Darsteller
wieder ihre zerschlissenen West-Klamotten an.
Am Anfang seiner Reise hatte Theroux allerdings in Kapstadt einige Slums besichtigt und
festgestellt, dass sie sich seit seinem letzten Besuch positiv entwickelt hatten. Auch in
Namibia, wo er die Buschmänner erlebte, scheint sich vieles zum Besseres gewendet zu
haben. Kaum jedoch verlässt er die wohlgeordneten Sphären der Hauptstadt, um Richtung
Angola zu reisen, stößt er auf Armut und Hoffnungslosigkeit.
Wie immer ist er wie ein Rucksacktourist unterwegs, also wie die einfachen Einheimischen
mit Bus und Bahn. Schon der Grenzübertritt wird ein nervtötendes und strapaziöses
Unterfangen. Umlagert von Horden aufdringlicher junger Habenichtse, die ständig
bedrohlich herumlungern, wird der Grenzwechsel zur stundenlangen Demütigung durch ebenso
rüde wie korrupte Zollbeamte.
Busfahrten werden zu Horrortrips mit besoffenen Fahrern auf maroden Straßen und weder
seine vielen Reiseerfahrungen noch sein Auftreten in einfacher Aufmachung bewahren ihn vor
den allenthalben lauernden Gefährdungen und Anfeindungen. Zutiefst deprimierend erweisen
sich zudem die Slums, die er gerade in dem an Bodenschätzen so ungeheuer reichen Angola
sieht.
Die Milliardeneinnahmen bleiben bei den Herrschenden hängen und Theroux weiß nun aus
eigener quälender Anschauung, was ein UN-Bericht meint, wenn er von 200 Millionen
Menschen im südlichen Afrika spricht, die in Slums dahinvegetieren: Unfassbar
chaotische Orte ohne Zukunft. Dabei ist die in ihrem Zentrum so glitzernde
Hauptstadt Luanda absurd teuer und von unglaublicher Korruption beherrscht. Und Theroux'
Frustration über diesen Albtraum ist nicht zuletzt auch wegen all der üblen
Informationen über islamistische Terrorhorden der Boko Haram in Nigeria,
Scharia-Wütigen, die im legendären Timbuktu uralte Bibliotheken abfackeln und
dergleichen so groß, dass er einfach nicht mehr will.
Erstmals in seinem jahrzehntelangen erfolgreichen Reiseschriftstellerleben bricht er eine
Reise weit vor ihrem geplanten Zielpunkt ab und reist desillusioniert zurück nach
Südafrika. Seine Eindrücke aber überbringt er in gewohnt geschliffener und sehr
persönlicher Manier so fesselnd herüber, dass man seine Erschütterungen wie auch die
Liebe zu Afrika und seinen trotz allem vorhandenen schönen Seiten
nachempfinden kann.
Fazit: ein faszinierendes und sehr authentisches Reisebuch aus den Niederungen des echten
schwarzen Kontinents jenseits der Touristeninszenierungen.
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