CHRISTIAN MÄHR: ABER DAS
BILD WAR NOCH DA
Der Maler Ludwig Cannizzaro gibt sein Gemälde Höchst 1b zum Verkauf, weil er
Geld braucht. Es hängt in der Galerie von Dr. Pictet, obwohl es eigentlich Frau
Cannizzaro gehört. Bevor das irgendwie magisch wirkende Kunstwerk mit dem seltsamen Haus
genau hier aus der Nähe von Feldkirch jedoch endgültig einen Käufer findet, sorgt es
erstmal für allerlei Verwicklungen, denn es bringt offenbar jedem Besitzer Unglück.
Aber das Bild war noch da lautet der Titel des jüngsten Romans des
österreichischen Erfolgsautors Christian Mähr und der schreibt diesmal noch abgefeimter
als sonst. Zunächst scheint sich da gar kein richtiger Krimi zu entwickeln, doch gegen
Ende steigert sich das Geschehen wie gewohnt zu einer wahren Achterbahn der Ereignisse.
Zugleich soll vorausgeschickt werden, dass der Vorarlberger ein solcher Sprachvirtuose
ist, dass auch dieses Werk als weit mehr daherkommt, als nur ein Krimi.
Da stolpert der Kriminalschriftsteller Martin Fries geradezu fluchtartig in die Galerie
des Herrn Pictet, um dem nichtsnutzigen aber in der Politik erfolgreichen Schulkameraden
Oswald Obwalter auszuweichen. Der Gockel hatte einen Roman verfasst und Fries gedrängt,
ein ehrliches Urteil über das Machwerk abzugeben. Fries steht nun erstmal wie gebannt vor
Höchst 1b, dann rückt ihm OO auf die Pelle und für seine krasse
Buchkritik kriegt er eins auf die Nase.
Mit weitreichenden Folgen, denn der Landtagsabgeordnete fliegt aus der Politik und
obendrein hatte er sich ruinös verspekuliert, obwohl er und Ehefrau Lukrezia aus dem
Geldadel stammen. Derweil hat Fries sich erholt, findet das Haus Höchst 1b und dort
seine Jugendliebe Gundula, die es bewohnt. Und zwischen den Beiden funkt es ganz
mächtig. So sehr, dass sich Gundula nun beteiligt, als Lukrezia Fries zu einer
Verrücktzigkeit anstiftet: es gibt als heimlichen Kunstbesitz wertvolle Zeichnungen
holländischer Meister im Haus und Fries soll sie klauen, um sie zu Geld zu machen.
OO wiederum will Cannizzaro anstiften, eine echte Rembrandt-Zeichung zu kopieren, um an
Geld zu kommen. Was der exzellent hinbekommt, während der Galerist einen perfekten Kunden
für die Kostbarkeit gefunden hat: den russischen Geschäftsmann Borodin. Der zahlt
200.000 Euro an OO, der Cannizzaro jedoch bei seinem Anteil massiv übers Ohr haut. Worauf
dieser ihn verpetzt, worauf Borodin ausgesprochen russisch reagiert. Und immer spielt
dabei Höchst 1b eine subtil fatale Rolle.
Das Alles hat allerdings nicht nur weitaus mehr Wendungen und Verwicklungen, als hier
geschildert, Christian Mähr schreibt es auch in seiner unnachahmlichen, sehr
österreichisch ironischen Art geradezu umständlich mit manch hintersinnigen
Nebensträngen. Dennoch steigert sich die Spannung langsam aber unaufhörlich, denn jeder
haut bald jeden mehr oder weniger über Ohr. Kein Wunder, dass das Geschehen in
Thrillerdimensionen gleitet, Mord und Brand inklusive. Da zeitigt eine Sünde die nächste
und Cannizzaro ahnt irgendwann: Wer mit dem Teufel aus einem Napf essen will, muss
einen langen Löffel haben.
Mähr erweist sich einmal mehr als großer Meister der Kunst, ebenso literarisch
faszinierend wie subtil spannungstreibend zu schreiben. Fazit: ein satirischer Krimi für
anspruchsvolle Genießer, der im Übrigen unbedingt auch verfilmt gehört.
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