TOMI UNGERER: „DIE GEDANKEN SIND FREI“


Nach 24 Jahren gibt es jetzt Tomi Ungerers Kindheitserinnerungsbuch „Die Gedanken sind frei“ endlich in einer Neuauflage. Schon die ersten Jahre des Jungen sind nicht alltäglich, denn der kleine Jean/Hans verliert früh den Vater, wird andererseits als jüngstes der vier Kinder von der als sehr schön beschriebenen Mutter behütet und nach Möglichkeiten verwöhnt.
Aufgezogen mit Französisch – das elsässische Idiom galt als Sprache des einfachen Volkes – wird es richtig spannend, als sich 1940 mit dem Einmarsch der Wehrmacht alles verändert. Deutsch ist nun die Unterrichtssprache und der sehr typische Lehrer streng. Schon früh hatte die Familie Ungerers Zeichentalent gefördert und nun bringt es bestechende Zeitzeugnisse hervor.
Mit dem unverstellten Blick des Kindes und dann auch des Jugendlichen bekommt er alles mit und dokumentiert es auf seine Weise. Der Junge erzählt vom Alltagsleben im deutsch besetzten Elsass, unterschlägt also auch nicht die ganz normalen Streiche und Erlebnisse beim Heranwachsen. Doch Ungerer reichert das Buch auch um Plakate, Tafeln und Bilder aus dieser Zeit an. Bis aus Hans wieder Jean wird und die früheren und neuen Herren nun wiederum alles Deutsche in Sprache und Kultur unterzupflügen versuchen.
Diese Umbrüche wie auch den nationalen Kulturkampf entlarvt der weltberühmte Zeichner und Karikaturist auf faszinierende Weise. Fazit: ein ebenso berührendes wie aufschlussreiches Erinnerungsbuch für Erwachsene wie auch für Jugendliche.

# Tomi Ungerer: Die Gedanken sind frei. Meine Kindheit im Elsass; 144 Seiten, div. Abb., Broschur, Mittelformat; Diogenes Verlag, Zürich; € 24

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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