DON WINSLOW: „CORRUPTION“


Malone, Russo, Billy O und Big Monty sind als Manhattan North Special Taskforce quasi die Kings ihres Reviers. Malone aber ist der König unter ihnen. Als die besten, die schnellsten, die härtesten und die fiesesten unter den 38.000 Cops der Stadt sind sie die Stars des New York Police Departments.
Und sie stehen im Mittelpunkt des atemberaubenden neuen Polizeithrillers „Corruption“ von Krimi-Virtuose Don Winslow. Hauptperson ist dabei dieser Denny Malone, 38-jähriger Polizistensohn, ein illusionsloser Hüne mit 18 Jahren Erfahrung im Großstadtdschungel, zu dem insbesondere auch Drogen-Brennpunkte wie Harlem gehören. In der Einführung aber setzt ausgerechnet dieser „Hero Cop“ - so hochstilisiert nach dem größten Drogencoup des NYPD aller Zeiten – im Bundesgefängnis des FBI.
Dann aber springt das rasante Geschehen an, das zu Malones Absturz führte und bei dem Korruption eine unheilvolle Rolle spielt. Wie wilde Cowboys stürmen er und seine Mitstreiter in den frühen Morgenstunden eines Julimorgen das Nest des Drogenbosses Pena. Der selbst wird nicht gefasst, seine Narcos aber erhalten keine Chance auf eine Verhaftung, zumal die Elitegruppe auf das Beiholen von Verstärkung „verzichtet“.
Mit schweren Folgen, wie sich noch erweisen wird. Zunächst aber kommt Billy O bei dem Massaker durch ein bizarres Missgeschick um und Monty wird schwer verletzt. Doch die Dinge entwickeln sich ohnehin unaufhaltsam so, dass aus den „good Cops“ zunehmend „dirty cops“ werden, denn auch die heldenhaftesten Polizisten erliegen dem allgegenwärtigen Übel unweigerlich: „Die Korruption liegt nicht nur in der Luft. Sie gehört zur DNA dieser Stadt.“
Als Idealisten angetreten, beginnt es harmlos mit kleinen Vergünstigungen, dem kostenlosen Puff-Vergnügen, ersten Geschenken und am Tatort liegengebliebenem Geld. Der hochdekorierte Malone aber ist lediglich exemplarisch in dieser von Käuflichkeit, Rassismus und Polizeigewalt durchzogenen Geschichte, die ungeheuer nah an der Realität entlang führt. Und offenbar hochaktuell, wenn ihre Auswüchse bis in die Stadtverwaltung und die Justiz immer krasser durchschlägt.
Malone jedoch mag brutal, korrupt und als Ausmister des Verbrechens selbstherrlich sein, trotzdem ist der arrogante Mistkerl ein irgendwie unentrinnbarer Sympathieträger. Ohnehin sind sämtliche Figuren scharf gezeichnet und wirken dabei durchweg glaubhaft.
Da lebt der irischstämmige Atheist Malone in einem seit langem gewachsenen Zwiespalt, wie er nach Feierabend aus dem Sumpf des Reviers mit Ehefrau Sheila und den beiden Kindern im Einfamilienhaus im geradezu idyllischen Staten Island Familie spielen soll samt Monopoly und Rasenmähen. Nein, zuhause fühlt er sich seit geraumer Zeit viel mehr bei der schönen schwarzen Krankenschwester Claudette im Revier, ganz nah am realen Cop-Alltag, wenngleich sie ein Heroinproblem hat.
Wie diese Alpha-Tiere als Verbrechensbekämpfer mit breiter Blutspur durch die unsicheren Straßen pflügen, wie sie sich in heiklen Händeln und schließlich in einer hinterhältigen Falle verheddern, das ist packend geschildert, voller menschlicher Abgründe. Und wenn dann im Finale Dennis Malone selbst zum Gejagten geworden ist und sogar zur verabscheuungswürdigen Ratte, also zum Verräter, dann sagt er in knurrigem Fatalismus: „Unter mir ist nichts mehr.“
Fazit: ein hammerharter Thriller mit absolut filmreifen Dialogen und Actionszenen (die Filmrechte wurden bereits verkauft!), der nicht weniger ist als ein monströses Meisterwerk und nach Don Winslows intensiven Recherchen gerade auch beim NYPD offenbar von erschreckender Aktualität. Und das gilt vermutlich nicht nur für Manhattan und umzu.

# Don Winslow: Corruption (aus dem Amerikanischen von Chris Hirte); 541 Seiten; Droemer Verlag, München; € 22,99

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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