ELIZABETH GRAVER: DIE SOMMER
DER PORTERS
Seit Generationen genießt die wohlhabende Familie Porter jedes Jahr unbeschwerte Tage in
ihrem Sommerhaus auf der felsigen Halbinsel Ashaunt vor Massachusetts. 1942 wird die
geschätzte Idylle jedoch ein wenig beeinträchtigt, denn kriegsbedingt wird in der
Nachbarschaft ein Militärstützpunkt eingerichtet.
Damit setzt Elizabeth Gravers neuer Roman Die Sommer der Porters ein, der den
Weg der Familie nun über Jahrzehnte verfolgt. Während sich die Eltern von den
geänderten Umständen nur wenig beeindrucken lassen, bieten die Soldaten und ihr Treiben
für die Töchter Helen, Dossy und Jane dagegen allerlei Abwechslung. Das gilt aber ebenso
für das schottische Kindermädchen Bea, das sich bald hinsichtlich ihrer persönlichen
Zukunft entscheiden muss.
Während die Eltern durchgehend eher im Hintergrund bleiben, entschwindet Sohn Charlie
erst zur Heeresfliegerschule in Texas, wo er auch heimlich heiratet, um von dort in den
Krieg zu ziehen. Allmählich bekommt das ruhig erzählte Geschehen immer mehr Farbe und
Konturen und zu Weihnachten 1943 muss die Familie die Nachricht verarbeiten, dass Charlie
in Italien gefallen ist.
Weiter geht es mit der Nachkriegszeit und die charakterstarke Helen rückt zunehmend in
den Mittelpunkt. Sie studiert in der Schweiz, heiratet den Arzt André und kehrt um 1960
mit drei Kindern und einer neuen Schwangerschaft in die Heimat zurück. Auch ihre
Schwestern haben mittlerweile Kinder, wie ohnehin sämtliche Töchter und Enkelinnen recht
gebärfreudig sind.
Chronologisch schreitet der Roman fort, wobei die Perspektiven wie die Personen im
Vordergrund wechseln, aber ebenso die Erzählweise, die zuweilen in Brief- und
Tagebuchpassagen übergeht und zudem mit Vor- und Rückblenden arbeitet. Zu den
spannendsten Elementen zählen schließlich die in den 70er Jahren um Charlie junior,
Helens ältesten Sohn. Einerseits lieben sich Mutter und Sohn, andererseits hat er seine
Probleme mit ihren Ansprüchen. Hinzu kommen Drogen und die Angst vor der Einberufung in
diesen Zeiten von Vietnam- und Kambodschakrieg.
Doch was immer auch geschieht, Ashaunt bleibt für jeden in der Familie bei aller
Vergänglichkeit ein Fixpunkt im Leben. Und das reicht nun bis ins Jahr 1999, das zugleich
das Ende für die längst zum Familienoberhaupt gewordene Helen bedeutet. Auf den Tod
krank, erlebt sie gleichwohl einen letzten großartigen Sommer auf Ashaunt im Kreise der
noch vielköpfiger gewordenen Schar der Porters.
Fazit: wer sich auf diese unaufgeregt erzählte aber anspruchsvolle Geschichte mit ihren
großartig konzipierten Charakteren und den oft komplexen Episoden einlässt, findet hier
ein exquisites Lesevergnügen.
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