HERMAN van VEEN: "ERINNERTE TAGE"

Ich werde eine Ente totfahren und ihr Unsterblichkeit verleihen“ So hat Herman van Veen bei den Vorstellung des ersten Bandes seiner Biografie im Jahr 2010 die Entstehung der Geschichten um Alfred Jodocus Kwak beschrieben. Und die Besagte taucht natürlich auch in „Erinnerte Tage“, der zweiten der auf drei Bände angelegten Biografie auf. Tatsächlich hat er eine Ente überfahren und in der Folge die Figur entwickelt, deren sämtliche Angehörige ums Leben gekommen sind.
Das ist nur eines von 76 Kapiteln, in denen er Szenen und Situationen aus seinem Leben beschreibt. Natürlich ist eine Chronologie oder sonst eine Ordnung in diesen Kapiteln nicht erkennbar. Wie Puzzleteile breitet er sie aus und überlässt dem Leser, sich daraus ein zusammenhängendes Bild zu machen. Von Kindheitserinnerungen wie im Kapitel „Sie suchen Jungs“, in dem er seinen ersten Kontakt zum Zirkus schildert, über „Harlekijn“, in dem er seine 1966 gegründete freie Musiktheatergesellschaft beschreibt, die in diesem Jahr ihr 50 jähriges Bestehen feiert, bis hin zu „Küsse“, in dem er sich mit dem Alter und dem Tod – hier am Beispiel eines Ponys - auseinandersetzt.
Und natürlich streut er auch immer wieder Kostproben seiner ganz eigenen Poesie ein. „He, kleiner Fratz, auf dem Kinderrad / Du führst in der Tour d‘ Elegance /mit den Haaren im Wind / Auf den Wangen die Sonne / saust du vorbei wie der Blitz / flitz“. Damit werden sofort Bilder lebendig, die in den letzten 50 Jahren diesen außergewöhnlichen Harlekin, Entertainer, Poeten, Menschenfreund und Um-Die-Ecke-Denker ausgemacht haben. Auch an Weggefährten auf dieser langen Strecke erinnert er sich. Einer ist Thomas Woitkewitsch, der all seine Lieder und die Biografie ins Deutsche übersetzt hat. Ohne ihn würde es Herman van Veen so im deutschsprachigen Raum nicht geben. Außerdem sind viele der insgesamt 178 Schallplatten, die er herausgebracht hat, auf Deutsch von ihm.
Ein ganz besonderes Verhältnis hat er zur Geige. So setzte er seiner ersten Geigenlehrerin To Doornekamp ein Denkmal und auch zweien seiner Geigen. Da das Geld der DDR im Westen „einen feuchten Kehricht wert war“, durfte er sich nach einer DDR Tournee zwei Geigen aussuchen, die ihm noch heute lieb und teuer sind, schon wegen der Erinnerungen.
Ein großes Vergnügen ist wie in seinen Liedern immer wieder die Sprache des Herman van Veen. Das reicht vom lapidaren „Die Tochter des Pferdemetzgers hieß auch schon Truus, und sie wurde meine nächste Freundin. Kurz vor unserem ersten Kuss klebte Truus ihr Kaugummi an den Laternenpfahl“ bis zu „Als ich zum ersten Mal das Meer sah, konnte ich fast nicht glauben, dass so etwas Großes in meine Augen passte.“

# Herman van Veen: Erinnerte Tage (aus dem Niederländischen von Thomas Woitkewitsch); 296 Seiten, div. Abb.; Knaur Verlag, München, € 19,99

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