CHRISTIAN von DITFURTH: „ZWEI SEKUNDEN“


Höchste Sicherheitsstufe in Berlin, denn Bundeskanzlerin Merkel holt Russlands Präsidenten Putin vom Flughafen ab. Trotzdem gelingt ein Bombenanschlag auf den Konvoi. Haarscharf verpasst die Explosion den Wagen mit den Beiden um genau zwei Sekunden und zerschmettert den dahinter fahrenden mit Sicherheitskräften und einem Assistenten aus dem Bundeskanzleramt.
„Zwei Sekunden“ lautet denn auch der Titel von Christian von Ditfurths jüngstem Roman, bei dem die Bezeichnung Politthriller absolut zutrifft. Natürlich sind sämtliche Sicherheitsbehörden in Aufruhr und sie binden aus politischen Gründen eine russische Ermittlergruppe bei der Aufklärung mit ein. Während die Russen sofort tschetschenische Terroristen verdächtigen, tappen in Wirklichkeit alle im Dunklen.
Die Kanzlerin aber sorgt dafür, dass neben den üblichen Kräften auch Kriminalhauptkommissar Eugen de Bodt – hier nach „Heldenfabrik“ in seinem zweiten, noch spektakuläreren Fall – parallel und quasi unkontrolliert mit seinem kleinen Team ermittelt. Eigenwillig, unkonventionell mit starker Neigung zu kühler Arroganz geht der in Polizeikreisen herzlich unbeliebte Intellektuelle die Sache an, die voller Rätsel steckt.
Die Durchführung des Attentats erweist sich als schlichtweg genial, um so weniger passt ins Bild, dass die Täter trotzdem den richtigen Wagen um zwei Sekunden verpasst haben sollen. Alle stochern im Ungewissen einschließlich Konstantin Merkow, Chef der russischen Ermittler und in vielem ein Pendant zu de Bodt. Für die nun folgenden Morde an Personenschützern des Bundeskriminalamts allerdings ist Merkow schnell klar, dass seine geheimnisvolle Kollegin Anja Katt dabei eine dubiose Rolle spielt.
Mit Salinger, der verschwiegenen Kollegin mit der „Vorgesetztenallergie“, und dem gleichfalls sehr speziellen Deutschtürken Yussuf geht de Bodt andere, immer ungewöhnlichere Wege. Doch auch als er einen Maulwurf in den eigenen Reihen entdeckt – und ihn aus triftigen Gründen weitermachen lässt – bleibt die Lage extrem undurchsichtig. Und es platzen weitere Attentate in die vermeintlich klare Grundlinie, dass unbekannte Kräfte Merkel und Putin beseitigen wollten.
Warum aber werden nun nach und nach hohe Chargen aus dem Bundeskanzleramt ermordet, allen voran dessen Chef? Millimeterweise erhält der Leser schließlich Andeutungen über Alex und Bert, die irgendwo am Meer die Fäden ziehen, eiskalt und höchst professionell. Und sie nutzen das Kompetenzgerangel der Sicherheitskreise aus, bekommen aber mit de Bodt einen Widersacher, der ihnen gefährlich ins geheime Milliardenspiel spuckt. Bis er sich ihnen schließlich ebenso clever wie halsbrecherisch direkt in den Weg stellt.
Mehr aber sei von diesem grandios ausgebreiteten Katz-und-Maus-Spiel nicht verraten, das mit seiner Rasanz, seiner Realitätsnähe und den authentischen Charakteren 007-Geschichten wie Schülertheater erscheinen lässt. Zum hinreißenden Hochspannungsgenuss trägt aber auch die schnörkellos direkte Sprache mit bissigem Humor und manch satirischen Spitzen auf den Politbetrieb bei.
Bleibt nach der ungeheuer fesselnden Lektüre ein dringender Wunsch: dieser knallharte Politthriller auf internationalem Spitzenniveau gehört unbedingt verfilmt.

# Christian von Ditfurth: Zwei Sekunden; 459 Seiten, Klappenbroschur; carl's books, München; € 14,99

 
WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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