GERNOT GRICKSCH: „GHETTO BITCH“


Wie soll man mit solch einem Absturz klarkommen: aus dem feinen Haus im schicken Hamburg-Poppenbüttel von jetzt auf gleich in eine Hochhaussiedlung im prekären Steilshoop mit all seinen Asis?! Genau das passiert der 16-jährigen Nele Brüggemann, ihrer Mutter und dem 14-jährigen Bruder Timo, als der Vater plötzlich stirbt.
Eben noch beneidetes Hochglanz-Girl, tolle Parties, Edel-Shopping mit der eigenen Kreditkarte und dann dieser Schock. Architekt Brüggemann hinterlässt haufenweise Schulden und die Lebensversicherung zahlt nicht, weil sie hinter dem Verkehrsunfall einen Selbstmord wittert. Und eben noch hatte Nele mit ihrer großen Liebe Daniel das angesagte Konzert von Lisa T. besucht, der absolut angesagten „Ghetto Bitch“. Eine solche ist Nele nun gerade nicht, dennoch heißt der Jugendroman von Gernot Gricksch genau so.
Die ganz große Schmach können Nele und ihre Rest-Familie nur abwenden, indem sie allen einschließlich Daniel vorgaukeln, wegen eines einjährigen USA-Aufenthalts müssten sie umgehend fortgehen. In Wirklichkeit aber ziehen sie nur einige Kilometer weiter und für mehr als eine 3,5-Zimmerwohnung in der Plattenbausiedlung reicht es nicht. Während der eigenbrötlerische Timo erstaunlich schnell Anschluss findet, macht sich Nele erst mal als eingebildete Zicke unbeliebt.
Erst die großmäulige und reichlich schräge Ginny bringt Nele auf Linie. Sie hilft ihr auch dabei, eine richtige Ghetto Bitch zu werden. Was um so wichtiger wird, als sie sich in den coolen Scater Rick verknallt. Es gelingt ihr allmählich, doch kaum hat sie sich endlich in das neue Leben eingefunden, da tauchen die alten Freunde aus Poppenbüttel auf.
Und – die bringen alles durcheinander, als sie meinen, Nele „retten“ zu müssen. Was im Übrigen Timo eher nötig hätte, denn der ist in ungünstige Kreise geraten. Mehr soll von der spannenden Geschichte nicht verraten werden, die überaus realistisch geschrieben ist, dabei aber mit herbem Witz und frecher Ironie für viele tragikomische Momente sorgt.
Das Ganze lebt auch von den tollen Charakteren und wenn man sich fragt, wie authentisch die knackige Ghetto- bzw. Jugendsprache wohl tatsächlich ist, stellt der selbst in Hamburg lebende Autor klar: er kennt das bestens von seinen beiden Kindern, die exakt in diesem Alter und mitten in der Szene sind. Fazit: ein starker Jugendroman für Teenager ab etwa 14.

# Gernot Gricksch: Ghetto Bitch; 320 Seiten; Dressler Verlag, Hamburg; € 14,99

 
WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

Dieses Buch bei Amazon.de bestellen. 


Kennziffer: KJB 685 - © Wolfgang A. Niemann - www.Buchrezensionen-Online.