EDDIE JOYCE: BOBBY
Auch Jahre nachdem ein Familienmitglied durch einen plötzlichen Tod aus dem Gefüge
gerissen wurde, zeigt sich immer wieder, dass die entstandenen Wunden nie ganz verheilen.
Dies um so mehr in einer typischen irisch-italienischen Einwandererfamilie, die einen der
Ihren am 11. September 2001 bei den Anschlägen auf das World Trade Center verloren hat.
Bobby lautet der Titel von Eddie Joyces Roman, denn dieser Feuerwehrmann, der
beim Einsturz der Zwillingstürme umkam, steht mehr oder weniger unausgesprochen noch
immer im Mittelpunkt, obwohl das Ereignis zur Zeit dieser Geschichte fast zehn Jahre
Vergangenheit ist. Mutter Amendola kann noch jetzt keinen Morgen an Bobbys seither
unverändert gelassenem Zimmer vorbeigehen, ohnne einen Blick hineinzuwerfen.
Doch nun steht der neunte Geburtstag von Bobby junior an und zur Feier im Hause von Mutter
Gail und Vater Michael Amendola auf Staten Island, dem Manhattan gegenüberliegenden Yew
Yorker Stadtteil, versammeln sich auch die Brüder Peter und Franky. Und eben Tina, die
Witwe von Bobby senior, die sich nach all den Jahren erstmals wieder ernsthaft in einen
Mann verliebt hat und diesen an sich als sympathisch empfundenen Wade Alderson an diesem
Tag vorstellen will.
Erwartungsgemäß löst das einen Aufruhr der Emotionen aus und das insbesondere bei der
Familienmutter Gail, die ohnehin um die fragile Struktur des Familiengefüges bangt.
Ausgerechnet Peter, Bobbys älterer Bruder und selbst eben im selbstverschuldeten
Auseinanderbrechen seiner wohlsituierten Familie rotierend, hatte Tina und seinen Freund
Wade miteinander bekannt gemacht. Immerhin kommt der ebenfalls Verwitwete sehr gut mit den
Kindern aus.
Und dann erscheint schließlich auch Franky endlich bei der Feier, der jüngste Sohn der
Familie und noch immer ein Sorgenkind, das sein Leben nicht auf die Reihe bekommt. Da
wogen Emotionen ebenso hoch wie Rückblenden eines stets bewegten Familienlebens, in dem
die starke Persönlichkeit Gails die zentrale Rolle spielte und noch immer spielt. Gerade
sie aber tut sich besonders schwer mit der unausweichlichen Erkenntnis, das das Leben
trotz allen Nichtvergessenkönnens gnadenlos weitergeht.
Eddie Joyce hat das Alles ebenso bewegend wie lebensnah und atmosphärisch dicht
geschrieben. Zuweilen wünschte man sich als Nicht-Amerikaner etwas weniger US-Pathos,
insgesamt aber überzeugt diese Geschichte über Familie, über den Umgang mit Verlusten
und Neuanfängen und über das kleine Glück im Alltag.
|