ANGELA BAJOREK: „JANOSCH“


„Oh, wie schön ist Panama“, „Tigerente“, „Der kleine Bär“ - Janosch ist der bekannteste und weltweit einer der erfolgreichsten Kinderbuchautoren. Und das, obwohl er eine furchtbare Kindheit hatte. Oder vielleicht doch eher gerade deshalb?!
Dem Geheimnis des bekennenden Traumsuchers hat die polnische Germanistin Angela Bajorek, Professorin an der Universität Krakau, nachgespürt und zum 85. Geburtstag des Eigenbrötlers die erste umfassende Biographie zu seinem Leben vorgelegt. „Wer fast nichts braucht, hat alles. Janosch. Die Biographie“ lautet der vollständige Titel, der zugleich die wesentliche Lebensmaxime des Schriftstellers und Zeichners umreißt. Fünf Jahre hat Bajorek dafür gebraucht, in denen es ihr im Gegensatz zu vielen Anderen gelungen ist, allmählich sein Vertrauen zu gewinnen.
Seit über 30 Jahren lebt Janosch abgeschieden mit seiner Frau Ines auf der spanischen Kanaren-Insel Teneriffa, genießt als liebstes Möbel seine Hängematte und meidet Kontakte insbesondere zu Journalisten. Mit dieser Biographin aber gab es schließlich endlose Gespräche und den Austausch unzähliger E-Mails, in denen Janosch sein bewegtes und vor allem in Kindheit und Jugend äußerst unerfreuliches Leben Revue passieren ließ.
Am 11. März 1931 im damals noch deutschen Hindenburg in Schlesien (heute Zabrze/Polen) geboren, wurde er nach dem Nazi-Märtyrer Horst Wessel benannt. Vater Eckert war ein Säufer, der Frau und Kind ständig verprügelte. Doch auch die frustrierte Mutter verdrosch den Kleinen unaufhörlich. So erklärt sich die erschreckende Äußerung, dass er überglücklich gewesen sei, als die Russen nach dem Krieg das Elternhaus niederbrannten: den Ort seiner Qualen, wo ihn die Mutter bis zur Bewusstlosigkeit prügelte und der Vater soff wie ein Loch, von wo aus er in die verhasste katholische Kirche und zur Hitler-Jugend geschickt wurde.
Da wurde 1946 die Flucht in den Westen für Janosch ein Aufbruch in die Freiheit. Nach der Mittleren Reife begann er eine Ausbildung zum Textilzeichner, der Versuch eines Kunststudiums schlug allerdings fehl. Hinzu kam nun auch das Schreiben und auch dies meist unter erheblichem Alkoholeinfluss und bevorzugt tief in der Nacht.
Offenbar sind es gerade die schlimmen Erfahrungen der frühen Jahre, der lange währende Hass auf die Mutter und die mühevolle Befreiung von den Ängsten, die die Pfarrer ihm eingeimpft hatten, dass seine Bücher so ganz und gar anders gerieten. Gewissermaßen Gegenentwürfe zu den Traumata seines wirklichen Lebens, bunt, naiv und zugleich bevölkert mit Wesen, die sich mit Pfiff und Herz gegen Obrigkeiten, Anmaßungen und Ungerechtigkeit auflehnen.
Seit 1960 entstanden so über 300 Bücher, allerdings dauerte es bis 1978, dass Janosch mit dem weltberühmt gewordenen Panama-Buch den großen Durchbruch erzielte. Bewegt, unruhig, von Krankheiten begleitet aber blieb das Leben des vielfach Preisgekrönten noch lange, bis er sein Refugium und Ehefrau Ines auf Teneriffa fand. Dort lernte ihn Angela Bajorek als bescheidenen, verschmitzten und überraschend optimistischen Menschen mit sehr eigenwilligen Ansichten kennen.
Den Abschluss der Biographie bildet ein großes Interview, in dem Janosch sich offen wie nie zuvor zu seinem Leben, seinem Schaffen und seiner Weltsicht äußert. Und er gab den Lesern seine wichtigste Botschaften mit auzf den Weg. Erstens: lasst Euch nichts gefallen! Und zweitens: man braucht nicht viel, um glücklich zu sein, denn wer nicht viel hat, kann auch nicht viel verlieren. Fazit: ein hinreißender Mensch und Künstler und eine wunderbare, sehr anrührende Biographie.

# Angela Bajorek: Wer fast nichts braucht, hat alles. Janosch. Die Biographie (aus dem Polnischen von Paulina Schulz); 316 Seiten, div. Abb.; Ullstein Verlag, Berlin; € 22

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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