KLAUS-RÜDIGER
MAI: DÜRER
Als einen der größten Maler der Menschheit bezeichnet Klaus-Rüdiger Mai Albrecht Dürer
(1471-1528) in seiner umfassenden Biographie unter dem Titel Dürer Das
Universalgenie der Deutschen. Sehr lebendig schildert der Germanist und renommierte
Biograph nicht nur die Künstler-Vita, sondern rahmt diese mit der Herkunft, dem
Lebensumfeld und der geschichtlichen Epoche ein.
Zunächst berichtet Mai von der Vorgeschichte der Dürers, als Albrecht der Ältere als
Goldschmiedemeister in die prosperierende Reichsstadt Nürnberg kommt. Der so berühmt
werdende Sohn wächst in einem gut situierten Handwerkerhaushalt auf, erhält
Schulunterricht und frühe Einweisung ins Zeichnen bereits durch den Vater. Sehr
detailliert schildert der Autor die familiären und gesellschaftlichen Umstände.
Die zeigen einerseits, wie in jenem Übergang vom Mittelalter zur Renaissance alles Leben
theoretisch und praktisch noch immer untrennbar vom christlichen Glauben durchdrungen war.
Andererseits wurde die Künstlerlaufbahn Albrecht Dürers von seinen Eltern, dem sozialen
Stand, aber eben auch vom Geist der aufstrebenden Geburtsstadt und der intensiven
Berührung mit dem aufkommenden christlichen Humanismus geprägt. Mai geht im Übrigen
insgesamt kritisch mit manchen bisherigen Ausdeutungen um, die der teils lückenhaften
Quellenlage geschuldet sind.
Herausgestellt werden der Werdegang des Künstlers, seine Bildungsreisen in die
Niederlande und nach Italien, die Bewunderung für das andere, 19 Jahre ältere
Universalgenie seiner Epoche Leonardo da Vinci. Geradezu romanhaft wird das Privatleben
Dürers beschrieben, unter anderem der erstaunlich rege Briefwechsel mit Ehefrau Agnes,
die aus ähnlichen Familienverhältnissen stammte wie er.
Als immer wieder faszinierend erweisen sich die vielen Talente Dürers, denn zur zeitlosen
stilprägenden Mal- und Zeichenkunst kamen bahnbrechende technische Neuerungen des Holz-
und Kupferstichs. Wie sein Idol da Vinci befasste sich auch Dürer mit Architektur,
Festungsbau und Waffentechnik. Darüber hinaus verfasste er das erste Mathematikbuch in
deutscher Sprache und unterhielt rege Korrespondenz mit den Geistesgrößen seiner Zeit.
Die aber zeigt sich als besonders bewegt mit Kaiserwechseln, Spannungen zwischen Vatikan
und deutschen Fürsten und insbesondere mit der aufkommenden Reformation durch Dürers
Zeitgenossen Martin Luther.
Doch auch Beschreibungen der Hauptwerke des Genies fehlen nicht und dem Autor gelingen
hier hervorragende Ausdeutungen aus den geistlich-kulturellen Gegebenheiten der Zeit
heraus. Und es ist ein interessanter Aspket, dass der überaus schaffensfreudige und
innovative Dürer nicht nur auch geschäftlich erfolgreich war, sondern in dem
Zusammenhang den wohl ersten Urheberprozess es ging um sein berühmtes
Markenzeichen mit den stilisierten Initialen in Venedig anstrengte.
Fazit: diese Biographie ist ein Meisterwerk des Genres, das das Universalgenie ebenso real
wie verständlich herausstellt wie die hochspannende Epoche, in der es lebte und wirkte.
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