HEIKE SPECHT: „CURD JÜRGENS“


Curd Jürgens (1915-1982) war der erste deutsche Weltstar des Nachkriegskinos aber noch vieles mehr darüber hinaus. Gleichwohl liegt erst jetzt zum 100. Geburtstag eine umfassende Biographie dieser beeindruckenden, vielfältigen Schauspielerpersönlichkeit vor.
„Curd Jürgens“ - General und Gentleman“ hat Heike Specht sie passend überschrieben, denn seiner Paraderolle des Harras in „Des Teufels General“ folgten etliche andere hohe Offiziersrollen. Andererseits steht Jürgens auch für weltmännisches Auftreten als Frauenfreund und Grandseigneur mit sehr viel Glamour. Filmstar, Burgschauspieler, Jet-Set, Schriftsteller – er war ein Großer und er füllte Schlagzeilen in Magazinen und Boulevardblättern.
Die Biografin macht kein Hehl daraus, dass ein sehr wesentlicher Teil dieses Buches auf Jürgens' eigenen Memoiren, dem Bestseller „Und kein bisschen weise“ von 1976, beruht. Jürgens hatte seine Vita sehr offen geschrieben und auch sein ausgeprägtes Liebesleben – unter anderem mit fünf Ehefrauen – explizit ausgebreitet. Vieles wird hier ausgeschlachtet, zuweilen aber in Teilen auch angezweifelt.
Was man durchaus als Manko ansehen darf, denn wenn die Autorin einerseits direkt äußert, dass etwas nur Annahme oder gar Spekulation sei, bleibt sie jedoch Gründe dafür oder anderslautende Darstellungen fast durchweg schuldig. Zu den Schwächen der Fleißarbeit zählt zudem, dass auch sonst überwiegend Bücher, Zeitschriften und Biographien anderer Zeitgenossen die Grundlage des Geschriebenen bilden, private oder bisher nicht bekannte Quellen aber offensichtlich nicht erforscht wurden.
Insgesamt allerdings hat Heike Specht ein umfassendes stimiges Bild des charismatischen Hünen mit der sonoren Stimme und dem von der gutbürgerlichen Herkunft geprägten Stil zusammengetragen. Wie er mit 19 Jahren durch die Schauspielerin Lulu Basler – bald auch Ehefrau Nummer 1 – die entscheidende Weichenstellung erfuhr, relativ gut durch Nazi-Regime und Krieg kam, ohne je eine Uniform tragen zu müssen, um dann ausgerechnet mit der Charakterrolle des General Harras 1955 seinen internationalen Durchbruch zu erleben – das liest sich geradezu romanhaft spannend.
Vor der Kamera mit den größten Hollywood-Stars, das Privatleben als Weltbürger, Partylöwe und grandioser Gastgeber und alles als charmanter bekennender Egozentriker – und dennoch kommen dann wieder die ernsthaften Seiten zutage, die die Größe dieser Persönlichkeit erahnen lassen. Da ist nicht mehr nur ein zweiter Roman voller Überraschungen, trotz zunehmender gesundheitlicher Probleme gibt er in den späten Jahren einen großartigen „Jedermann“ bei den Salzburger Festspielen. Um dann parallel 1977 sogar als 007-Bösewicht im Duell mit James Bond/Roger Moore in „Der Spion, der mich liebte“ zu glänzen.
Fazit: eine Biographie voller faszinierender Blicke in ein schillerndes Leben, mit vielen ausführlichen Beschreibungen von Filmdreharbeiten und den Filmen selbst sowie eine kleine Kulturgeschichte der Jahrzehnte dieses Weltstars. Das Alles liest sich sehr unterhaltsam, wenngleich bei manchen Passagen etwas mehr Tiefgang wünschenswert gewesen wäre.

# Heike Specht: Curd Jürgens – General und Gentleman. Die Biographie; 452 Seiten, div. Abb.; Aufbau-Verlag, Berlin; € 22,95

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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