ELISABETH ZÖLLER:
F.E.A.R.
Elisabeth Zöller hat einen Ruf als Autorin aktueller brisanter Themen und dem macht sie
mit ihrem jüngsten Jugendroman alle Ehre. F.E.A.R lautet der Titel und es
geht um die Verwicklung einer 16-Jährigen in den Rechts-Terrorismus.
Zum fulminanten Auftakt wird Carla Sommerhage heimliche Augenzeugin eines mörderischen
Brandanschlages auf einer kleinen finnischen Insel. Sie hat die Verbrecher zwar erkannt,
doch als sie zu ihrer Überraschung als vermeintliche Täterin festgenommen wird, steht
für sie fest: sie wird schweigen. All die Verhöre in der Untersuchungshaft führen nicht
weiter, bis der gewiefte Kommissar Kekkonen auf eine psychologische List verfällt, die
Carla nicht nur zum Reflektieren bringt.
Der ebenso verunsicherte wie bockige Teenager soll einen Bericht schreiben über den Weg,
der sich aus ihrer deutschen Kleinstadt bis in diese Situation geführt hat. Und
tatsächlich sieht sie sich nach und nach immer mehr gezwungen, über die Entwicklung und
ihre eigenen Empfindungen nachzudenken. Dieser Joonas Turunen aus Finnland, einige Jahre
älter als sie und ebenso gut aussehend wie selbstsicher kam gerade richtig, als ihre
kleine Welt unterzugehen drohte.
Die Eltern wollten sich trennen und die Mutter hatte eine Affäre mit Claras linkem
Geschichtslehrer. Da gab ihr Joonas mit seiner intensiven, klugen Zuwendung genau den
Halt, den sie dringend brauchte. Seine Zärtlichkeit und seine Aufmerksamkeit für sie
lassen sie im Nu so dahinschmelzen, dass sie seine seltsamen politischen Vorstellungen
einfach akzeptiert, zumal sie die ohnehin nicht recht nachvollziehen kann. Was
interessiert sie, dass seine Gesinnung offensichtlich rechtsextrem ist und er sogar bei
einem dumpfen Nazi wohnt.
Sie findet es allerdings schon arg verwirrend, was er ihr über LoLa erzählt, das
Lokstedter Lager bei Itzehoe, in dem 1915 historisch verbürgt finnische
Männer im Ersten Weltkrieg zu Soldaten ausgebildet wurden, um Finnland von den Russen zu
befreien. Dass Joonas nun abstruse Absichten äußert, eine Neue Finnische
Armee zu gründen, um die weiße Rasse zu retten, bringt Carla auf die folgenreiche
Idee, sich im Internet über diese Thesen schlauer zu machen.
Was ihr prompt die Neugier eines Journalisten einbringt und Joonas zum sofortigen
Verschwinden aus Deutschland veranlasst. Wobei er die blindlings verliebte Carla aber
nicht nur mitnimmt, er macht auch kein Geheimnis daraus, wie konkret er zum Beispiel gegen
Flüchtlingsheime vorzugehen beabsichtigt. Trotz allem begreift sie erst, welch
skrupelloser Terrorist der Sohn einer hoch angesehenen Ministerin in Wahrheit ist, als er
sie schließlich als die Brandstifterin von der Insel bezichtigt.
Hat Clara bis dahin die menschenverachtende Brutalität seiner Nazi-Thesen nicht wahrhaben
wollen, wird um so deutlicher, wie sie diesem so raffiniert rübergebrachten Geschwafel
auf den Leim gehen konnte. Und das ist auch der hohe Wert dieses spannenden
Politthrillers, dass er verständlich macht, wie es zu derartigen Radikalisierungen von
Jugendlichen kommen kann.
Oder zumindest, wie man ihnen verfallen kann, denn die beängstigenden Hintergründe und
Drahtzieher bleiben bei all dem im Dunklen. Fazit: hervorragend geschrieben und auch wegen
seiner inhaltlichen Brisanz eine dringende Empfehlung an alle Jugendlichen ab 14 Jahre,
aber auch an Erwachsene, die mit ihnen zu tun haben.
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