DOMINIQUE
HORWITZ: TOD IN WEIMAR
Als Schauspieler, Regisseur und Sänger zählt Dominique Horwitz seit langem zu den
einprägsamsten Charaktergestalten der deutschen Kulturszene. Nun legt er ein weiteres
Zeugnis seiner Vielseitigkeit mit einem knackigen Romandebüt ab. Nicht von ungefähr
lautet der Titel Tod in Weimar, denn ebendort lebt der Mime aus Überzeugung
seit vielen Jahren.
Ein Krimi ist es obendrein und in dessen Mittelpunkt stellt er mit Roman Kaminski
unverkennbar eine Art alter ego seiner selbst und ähnlich deftig, komödiantisch und ein
ganz klein wenig narzisstisch wie Horwitz ist dieser ehemalige Schauspieler auf
herzerfrischende Weise ebenfalls. Kaminski arbeitet als Stadtführer für Weimar mit
Kutschfahrten, formt seit längerem im Kopf seine Autobiographie und fühlt sich hin- und
hergerissen zwischen zwei Damen.
Sein eigentlicher Schwarm ist Laura, die Wirtin seiner Lieblingskneipe, doch auch Trixi
Muffinger betört ihn mit einem gewissen Schlampenzauber. Wichtiger ist
allerdings, dass Trixi die Villa Gründgens leitet, eine Seniorenresidenz für
ehemalige Schauspieler und zugleich wichtigster Schauplatz des Geschehens. Die
ausgemusterten aber immer noch sehr von sich überzeugten Mimen gehen einer heiligen
Mission nach. Da sie der Überzeugung nachhängen, dass Friedrich Schiller in der
Goethestadt viel zu sehr gegenüber dem Dichterfürsten benachteiligt wird, proben sie
für eine ultimative Fassung seiner Räuber.
In die muntere Probenarbeit wirft der plötzliche Tod des Hausmeisters zunächst nur eine
mäßige Beunruhigung. Bis bald schon weitere unerklärliche Todesfälle in den Reihen der
Villenbewohner erst diese und dann auch den forschen jungen Kommissar Westphal
aufscheuchen und verwirren. Und nun mischt sich Kaminski ein, wozu er einerseits die
Aufgaben des Hausmeisters übernimmt und andererseits prompt als Verdächtiger in
Westphals Visier gerät.
Und als ob der Amateurdetektiv nicht schon genug Trubel um sich herum hätte, muss er sich
außerdem noch um Frettchen kümmern, eine 14-jährige Göre auf der Flucht
nicht nur vor ihren Eltern. Da wird es mächtig turbulent, zumal Kaminski in so manches
Fettnäpfchen tritt und sich bei der ein oder anderen heiklen Begegnung als nur mäßig
heldenhaft erweist.
Für den Leser aber gibt es nicht nur mal klassische Zitate und Schwärmereien über
Weimar als Stätte von Geist und Kultur und mal deftig freches Mundwerk, es gibt auch
urkomische Szenen, wenn der Autor seine köstlich charakterisierten Chargen über die
Stränge schlagen lässt. Horwitz versteht sich glänzend auf das richtige Gespür für
eine temporeiche Dramaturgie voller Witz und Spannung, die obendrein gekonnt auf die ein
oder andere falsche Fährte führt und dabei in keinem Moment zu sehr in die Breite geht.
Fazit: ein herrlich rotzig und zugleich anspruchsvoll geschriebenes Lesevergnügen nicht
nur für reine Krimifreunde. Im Übrigen sollte dieser Stoff unbedingt verfilmt werden und
Roman Kaminski eine Chance für weitere Einsätze als Privatschnüffler bekommen.
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