LEO HUNT: 13 TAGE
MITTERNACHT
Einen Gruselthriller der Spitzenklasse hat der erst 23-jährigen Leo Hunt mit 13
Tage Mitternacht verfasst. Hier ist eigentlich fast alles gelungen, deshalb der
einzige Kritikpunkt vorweg: das deutsche Cover ist nicht nur läppisch geraten, es lässt
auch auf ein nettes Kinderbuch schließen und das ist dieser Roman ganz und gar nicht.
Im Mittelpunkt steht Luke Archibald Manchett, 16 Jahre alt, gut aussehend, er hat prima
Freunde, spielt in der Rugby-Mannschaft seiner Schule im etwas regnerisch düsteren
Nordosten England. Gerade hegt er Hoffnungen, nun auch bei der hübschen Holiday Simmons
zum Zuge zu kommen, da trifft ein folgenreicher Brief ein. Sein Vater, der die Familie vor
zehn Jahren verließ und sich seither nur noch per Geburtstagskarten gemeldet hat, ist
plötzlich gestorben.
Luke, der sich viel um seine schwer unter Migräneschüben leidende Mutter kümmern muss,
berührt der Brief nicht sonderlich, zumal er den Vater ja fast nur aus dem Fernsehen
kannte, wo er als Experte für übersinnliche Phänomene eigene Sendungen hatte. Die
Einladung zum Notar wegen des Testaments will er schnell hinter sich bringen, doch sie
wird zum Startpunkt einer infernalischen Achterbahnfahrt. Der aalglatte Notar überrascht
Luke mit der freudigen Nachricht, dass er als Alleinerbe ein Millionenvermögen geerbt
hat.
In seiner Begeisterung lässt sich Luke dafür auf einige Bedingungen ein, die vorher zu
erfüllen seien, auch wenn sie ihm etwas merkwürdig vorkommen. So unterschreibt er etwas
widerwillig ein in Latein auf Ziegenleder geschriebenes Dokument. Wonach er einen Wust von
Vaters Paieren und ein mit Schließen versiegeltes grünes Buch mit dem ominösen Titel
Das Buch der Acht ausgehändigt bekommt.
Umgehend begegnen Luke nun zwei furchterregende abgrundhässliche Gestalten, die sich als
der Vasall und der Richter vorstellen. Und im Nu eröffnet sich
ihm die dunkle Seite seines Erbes: der Vater war auch ein mächtiger Geisterbeschwörer
und sein achtköpfiges Gefolge von Geistern steht nun unter Lukes Herrschaft. Das aber
spürbar unwillig und als der dritte Geist, der Hirte auftaucht, ahnt der
junge Meister wider Willen, dass diese Sklaven ihres Herren diesem nichts Gutes sondern
endlich ihre Freiheit zurückhaben wollen.
Geisterbeschwörung ist die schwärzeste aller Künste und der besonders grausige Hirte
stellt klar: Wir sind nicht deine Freunde. Wir sind an dich gebunden. Das sind
völlig andere Voraussetzungen. Um etwas bewirken zu können, müsste Luke das
grüne Buch öffnen, was ihm jedoch nicht gelingt. In seiner Hilflosigkeit findet er
allerdings eine überraschende Helferin, Elza Moss, den Freak der Schule. Die knorrige
Außenseiterin erkennt die doppelte Gefahr sofort.
Sie wurde mit dem sogenannten zweiten Gesicht geboren und kann erstens als Einzige außer
Luke die widerwärtigen Geistertypen sehen. Zweitens erkennt sie deren Absichten gegen
Luke und es sind nur noch 13 Tage bis Halloween, die Hochzeit böser Geister.
Ich-Erzähler Luke gerät völlig ins Rotieren und gemeinsam mit Elza versucht er, die
Geister, zu denen sich weitere seiner Sklaven gesellen, die sich gegenseitig
an abscheulichem Aussehen überbieten, über das Beschwörungsbuch in den Griff zu
kriegen. Alles scheint vergeblich und dann naht der Höhepunkt, den sich Luke in normalen
Zeiten herbeigesehnt hätte: er wird zur großen Party bei Holiday eingeladen.
Und damit reißt die Geschichte endgültige alles mit sich in einen teuflischen Wirbel mit
so schauerlichen Auftritten der ebenso finsteren wie erbarmungslosen Geistertruppe, dass
es zu irrsinnigen Szenen kommt. Luke stirbt vorerst und es gibt eine hinreißende Passage,
in der er nur im Körper seines herrlichen Hundes Ham sehr groß aber leider auch
sehr feige überlebt.
Wie das Alles endet, soll hier nicht verraten werden, aber es bleibt packend bis zum Ende
und für schwache Nerven ist das Buch ohnehin nicht geeignet. Die großen Qualitäten
dieses Romans liegen in den einzigartigen Charakterzeichnungen insbesondere der acht
Geister, die mit Bösartigkeit wahrlich nicht geizen. Hier sind dem
jungen britischen Autor Geniestreiche gelungen, die die vielfach ausgetretenen Pfade der
Gruselliteratur lässig hinter sich lassen. Obendrein ist das Alles mit entwaffnendem
Charme und einigem schwarzem Humor verfasst.
Fazit: ein Geisterthriller der Extraklasse, der nicht nur junge Leser ab 14 Jahre mit
unentrinnbarer Sogwirkung fesseln sondern auch erwachsene Freunde des Genres begeistern
wird. Und noch eine gute Nachricht: eine Fortsetzung ist bereits in Arbeit!
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