DAVID BARRIE: „SEXTANT“


Eine höchst gefahrvolle Sache war einst die Seefahrt, die Navigation schwierig und selbst mit Fortschritten wie dem Astrolabium eine ungewisse Angelegenheit. Zur exakten Kunst wurde die Bestimmung der Längengrade und des genauen Standortes eines Schiffes erst mit der segensreichen Erfindung des Sextanten.
Wie dieses im 18. Jahrhundert von Mathematikern, Astronomen und Instrumentenbauern entwickelte Instrument die Navigation revolutionierte und damit insbesondere viele Entdeckungsfahrten erst zum Erfolg führte, das schildert der ehemalige englische Diplomat und Psychologe David Barrie in seinem Buch „Sextant. Die Vermessung der Welt“. Als knapp 20-Jähriger lernte er das Instrument 1973 kennen und lieben, als er mit zwei Freunden in einer strapaziösen 24-tägigen Reise eine 12-Meter-Yacht vom amerikanischen Maine nach England überführte.
Nichts als ein Sextant und ein Chronometer standem ihnen für die Navigation zur Verfügung. Barries Tagebucheintragungen leiten nun die Kapitel ein, in denen er ebenso unterhaltsam wie sachlich fundiert die Entstehung des Sextanten aber auch etliche spektakuläre Reisen namhafter Seefahrer beschreibt. Auf dem Titelbild des Buches ist im Übrigen ein wegweisendes frühes Exemplar abgebildet, nämlich jenes, das John Bird 1757 baute. Verschiedene Entwicklungen mit unter anderem Erfindungen von Isaac Newton schildert der Autor ebenfalls und geht auch in technische Details.
Welch immense Bedeutung das geniale Instrument dann über Jahrhunderte bekommen sollte, zeigen einzelne Reiseberichte auf wie der von Fitzroys „Beagle“, mit der Charles Darwin 1830 zu seiner legendären Fahrt in teils extrem gefährlichen Seegegenden unterwegs war. Und nach der berühmten Meuterei auf der „Bounty“ gelang es dem ausgesetzten Kapitän William Bligh nur dank des Sextanten und der damit möglichen exakten Navigation nach den Gestirnen, rettendes Land zu erreichen.
Wie wichtig jedoch zusätzlich auch die genaue Zeitmessung war, um den Stand der Sonne, des Mondes sowie von Polarstern und anderen Gestirnen zur exakten Lokalisierung festlegen zu können, beschreibt Barrie unter anderem am Beispiel von James Cooks Reise von 1769. Der berühmte Entdecker nahm den von Larcum Kendall gebauten K1-Chronometer mit, ein Präzisionswerk für stolze 500 Pfund Sterling – für die gesamte HMS „Endeavor“ musste die Marine nur 2.800 Pfund bezahlen!
Es passt nun ganz ins Bild, dass der Anstoß für diese Hommage an ein Navigationsinstrument, das unsere Welt verändert hat, durch Barries Segeltörn von 1973 kam, denn just in dem Jahr erfolgte die Entwicklung des GPS, mit dem selbst für den Privatmann die metergenaue Navigation quasi auf Knopfdruck etwas Alltägliches werden sollte. Hier aber erzählt ein Kenner in einer Mischung aus Abenteuerschilderung, Autobiographie und Sachbuch eine spannende Geschichte voller technischen und nautischen Wissens – und zugleich höchst unterhaltsam.

# David Barrie: Sextant. Die Vermessung der Welt (aus dem Englischen von Harald Stadler); 351 Seiten; mareverlag, Hamburg; € 26

 
WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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