JOHN CLEESE: „WO WAR ICH NOCH MAL?“

 
Er wurde mit dem beschwerlichen Namen Johann Käse geboren, war mit 13 bereits ein riesiger Lulatsch, der seine Lehrer weit überragte, und nach seiner Promotion zum Doktor der Jurisprudenz stieg er auf zu einem der großartigsten Comedy-Künstler aller Zeiten, Oscar-Nominierung inklusive.
Es handelt sich hier um John Marwood Cleese, tatsächlich 1939 noch unter dem später durch den Vater umgewandelten Familiennamen Cheese in einem Städtchen bei London geborenen Mastermind von Monty Python's Flying Circus. Der Mitbegründer der ebenso revolutionären wie legendären Komikertruppe hat nun unter dem Titel „Wo war ich noch mal?“ seine Autobiographie vorgelegt. Wozu zwei Dinge vorweg gesagt seien: erstens ist das zwar humorvoll aber absolut ernsthaft geschrieben und zweitens ist es kein Buch über die Truppe selbst.
Chronologisch geht Cleese vor und schildert zunächst mit dezentem britischen Humor Kindheit und Jugend. Erste Prägungen des Einzelkindes aus der einfachen Mittelschicht dürften aus den vielen berufsbedingten Umzügen, vor allem aber durch die schwierige, von Ängsten besessenen Mutter erwachsen sein. Wie der Junge versuchte, der Mutter die Feinheiten von Ironie darzulegen, oder wie er sich in immer neuen Schulklassen einpassen musste trotz eines nie behobenen Mangels an Beziehungsfähigkeiten, das ist einfach glänzend erzählt.
Die entscheidende Begegnung erfolgte dann an der Universität von Cambridge, wo Cleese erfolgreich Jura studierte. Es war Graham Chapman, ein kongenialer Partner für das Erfinden von Gags und Slapstick-Szenen. Gemeinsam mit anderen blühte ihr komödiantisches Talent bei der „Cambridge Footlights Revue“ auf, mit der sie später sogar auf Tournee gingen. Gleich nach seiner Promotion gab Cleese die Juristerei dann ganz auf und widmete sich nur noch dem Nonsense.
Eines der Vorbilder war Peter Sellers, doch die beiden entwickelten bald eine so eigene, andersartige Handschrift, dass man sagen kann, ihr stets so unberechenbarer anarcho-satirischer Sketch hat den sagenumwobenen schwarzen britischen Humor erst richtig zu dem gemacht, was er seit langem ist. Wie sie ihre Virtuosität auf Tourneen noch provokanter und zielsicherer machten und sich selbst oft genug dabei vor Lachen kugelten, wird hier mit vielen konkreten Sketchen demonstriert.
Es kam zur Zusammenarbeit mit Marty Feldman und die unermüdlichen Gagschreiber stießen auf Eric Idle, Terry Gilliam, Terry Jones und Michael Palin – gemeinsam schließlich die Monty-Python-Truppe, übrigens allesamt Absolventen von Cambridge oder Oxford. Cleese berichtet von dem spannenden Weg bis zur Gründung von Monty Python's Flying Circus und pflastert diese Wegbeschreibung mit vielen köstlichen Anekdoten.
Trotz der Fülle des Geschriebenen reicht die Autobiographie gleichwohl nur bis 1969, bis unmittelbar vor der Fernsehausstrahlung der ersten Show der schrägen Sechs. Wobei sich der 75-Jährige an seine damalige Hoffnung erinnert: „Vielleicht wird’s ja gut gehen.“ Bis dahin aber erfährt man viel Unbekanntes vom Werdegang des ein wenig britisch-verklemmten jungen Mannes auf dem Weg zur Komikerlegende.
Doch der Mann, der nach Monty Python unter anderem verantwortlich für einen Geniestreich wie den Film „Ein Fisch namens Wanda“ war, lässt ein 16. Kapitel folgen zur Wiedervereinigung der Resttruppe im letzten Jahr, deren erster Auftritt in unglaublichen 45 Sekunden ausverkauft war. Und diese Ikone des Humors macht dem begeisterten Leser Hoffnungen: nach der Vorgeschichte dieser „Glorious Revolution of Comedy“ könnte es in näherer Zukunft auch noch die Geschichte der Hochzeit von Monty Python's Flying Circus geben einschließlich der solcher Kino-Juwelen wie „Die Ritter der Kokosnuss“ oder „Das Leben des Brian“.

# John Cleese: Wo war ich noch mal? (aus dem Englischen von Yvonne Badal); 480 Seiten, div. Abb.; Karl Blessing Verlag, München; € 22,99

 
WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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