ZELDA La GRANGE: „GOOD MORNING, Mr. MANDELA“


Zelda la Grange war knapp 24, als sie ihren Job als Sekretärin im Union Building in Pretoria antrat und damit eine Mitarbeiterin im Präsidentenamt von Nelson Mandela (1918-2013) wurde. Die Tochter konservatischer Afrikaaner wusste von ihm, dass er lange Gefangener auf Robben Island gewesen war und dass ihre Familie ihn als Terroristen betrachtete.
Was die politisch wenig Interessierte nicht weiter berührte, zumal für sie feststand: „Ich erwartete nicht, mit ihm persönlich zu tun zu haben oder ihn je zu Gesicht zu bekommen.“ Doch genau das geschieht kaum zwei Wochen später und der charmante erste schwarze Präsident Südafrikas gibt ihr mit einem Lächeln die Hand. Überwältigt bricht sie in ein Schluchzen aus und kann nur noch vorbringen: „Good Morning, Mr. Mandela“.
Das ist nun auch der Titel ihres Erinnerungsbuches, denn diese erste Begegnung, bei der er sie zusätzlich dadurch aus der Fassung bringt, dass er sie in ihrer Muttersprache Afrkaans anspricht, wird zum Beginn einer außergewöhnlichen Beziehung. Wobei die Autorin schon im Vorwort klarstellt, dass dies kein Enthüllungsbuch ist.
Aber auch ohne Geheimnisse oder zu Privates hat la Grange höchst Interessantes zu erzählen, denn bereits 1997 machte „Khulu“ (= Großvater), wie sie ihn intern nannte, sie zur Privatsekretärin und am Ende seiner Präsidentschaft im Jahr 1999 bat er sie, in seinen Diensten zu bleiben, wo sie ab 2002 unter anderem in der Nelson Mandela Foundation festangestellt war. Entscheidend jedoch war das einzigartige Verhältnis, das sich zwischen dem zu Lebzeiten wohl berühmtesten Mann der Welt und gerade dieser jungen weißen Frau entwickelte, der er ja auch zu seiner Pressesprecherin und rechten Hand erhob.
Sie wurde seine engste Vertraute und vermutlich war nur Graca Machel, Mandelas dritte Ehefrau, noch vertrauter mit ihm. Dabei wurde es immer wieder eine wahre Herausforderung, seinen Tagesablauf, seine Mahlzeiten und tausend andere Dinge zu organisieren. Madiba, so Mandelas Xhosa-Stammesname, den nicht nur „Zeldina“ sondern sogar Freund Bill Clinton benutzte, konnte bei aller Liebenswürdigkeit recht anstrengend sein. Zugleich aber unterstreicht La Grange mit vielen Beispielen sein Charisma und dieses ungeheure Maß an Inspiration, für die er wie kein anderer stand.
Was dieses Erinnerungsbuch zu einer solch fesselnden Lektüre macht, sind vor allem die vielen Insider-Einblicke mit manch verblüffenden Details. Bei all dem werden auch unangenehme bis traurige Aspekte nicht ausgespart wie unter anderem die allmähliche Vergreisung, die auch an dem weltweit verehrten Friedensnobelpreisträger gegen Ende nicht vorbeigeht. Wirklich schlimm aber sind die Respektlosigkeiten seitens der Landespolitik gegenüber dem Überwinder des Apartheidssystems.
Mindestens ähnlich infam erscheinen jedoch auch die Machenschaften innerhalb der weitverzweigten Mandela-Familie. Auch Zelda la Grange, die den dahindämmernden Madiba am 11. Juli 2013 zum letzten Mal lebend sieht, gehört zu den bald Ausgebooteten. Gleichwohl gelingt es ihr im Rückblick, das Positive und Einzigartige in den Vordergrund zu stellen. Und selbst, wenn ihre Sichtweise und die Art der Darstellung nicht in allen Aspekten objektiv richtig sein sollte – man darf ihr wohl absolute Ehrlichkeit unterstellen, begründet auf Loyalität, Dankbarkeit und großer Verehrung.
Fazit: eine wunderbare warmherzige Hommage an einen großen alten Mann, mit viel Liebe von einem Menschen verfasst, der ganz nah dabei war.

# Zelda La Grange: Good Morning, Mr. Mandela (aus dem Englischen von Ute Brammertz); 478 Seiten, div. Abb.; btb Verlag, München; € 22,99

 
WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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