STEPHEN HARDING: DIE LETZTE
SCHLACHT
Auf Schloss Itter in den Tiroler Alpen müssen 14 prominente Häftlinge der Nazis in den
letzten Tagen des Zweiten Weltkriegs wegen herumstreunender SS-Truppenum ihr Leben
zittern. Da ergibt sich ein desillusionierter Wehrmachtsoffizier im nahen Städtchen
Wörgl einer US-Einheit und schildert einem bulligen Panzerkommandanten das Problem.
Prompt rückt ein Trupp GIs mit Sherman-Panzern aus, um gemeinsam mit der kleinen Schar
deutscher Soldaten die Gefangenen zu befreien. Als dann schwer bewaffnete fanatische
SS-Truppen anrücken, kommt es zu einer regelrechten Schlacht, in der auch einige
Zivilisten mitmischen. Das Ende gegenüber den überlegenen Kräften vor Augen, gelingt es
einem Tennisspieler aus dem Baskenland, sich zu den amerikanischen Linien zu schleichen
und jene Entsatztruppe herbeizuholen, die die mutigen Helden im letzten Augenblick rettet.
Ein etwas krude erfundener Kriegsroman oder ein typischer Hollywood-Heldenschinken? Ganz
und gar nicht, denn was der amerikanische Militärhistoriker Stephen Harding hier unter
dem Titel Die letzte Schlacht. Als Wehrmacht und GIs gegen die SS kämpften
aufs Papier gebracht hat, ist Wort für Wort historische Realität, so geschehen am 4. und
5. Mai 1945. Ebenso unglaublich aber wahr wie der Umstand, dass dieses einzigartige
Kriegsereignis bisher weder durch ein entsprechendes Buch noch durch die sich
aufdrängende Verfilmung einer breiteren Öffentlichkeit bekannt geworden ist.
Schloss Itter diente als Außenstelle des KZ Dachau für Ehrenhäftlinge des Führers.
Unter ihnen waren mit Edouard Daladier und Paul Renaud gleich zwei ehemalige französische
Ministerpräsidenten, mit Marie-Agnés Caillou aber auch die ältere Schwester von General
Charles de Gaulle. Nachdem sich Anfang Mai die eigentlichen SS-Bewacher abgesetzt hatten,
drohte den Häftlingen nun in den letzten Tagen des Krieges noch die Tötung durch
herumziehende fanatische Angehörige der Waffen-SS.
Der 34-jährige Major Josef Sepp Gangl, der inzwischen zum österreichischen
Widerstand übergelaufen war, wusste um die Gefahr und versuchte in einem verzweifelten
Akt die Rettung der Schlossinsassen. In dem bulligen Football-Helden John Carey Lee stieß
er auf einen tollkühnen 27-jährigen Captain, der ohne Zögern zum Marsch auf die
hochgelegene Burg aufbrach und wie selbstverständlich die Wehrmachtssoldaten mitnahm.
Allerdings besteht die Streitmacht dieser so unwahrscheinlichen Verbündeten auf beiden
Seiten nur aus jeweils gut einem Dutzend Mann und sie haben ganze zwei Sherman-Panzer
dabei. Als die Burgverteidiger am anderen Morgen tatsächlich von SS-Truppen angegriffen
werden, wird die Lage schnell heikel, da die Angreifer in der Überzahl sind und
panzerbrechende Waffen haben. Wie schließlich doch noch als eine Art rettender Kavallerie
eine andere US-Einheit für den Sieg der Guten sorgt, das ist absolut filmreif
und zugleich bis ins Detail historisch belegt.
Wenn sich bei der an sich höchst interessanten Begebenheit in Hardings Buch dennoch das
darin schlummernde Thrillerpotential nicht entfalten will, liegt das einerseits an seiner
wissenschaftlich nüchternen Darstellungsweise. Andererseits hat der Autor die Ergebnisse
seiner intensiven Recherchen so ausführlich bis hin zu den geschichtlichen Hintergründen
für die massiven Animositäten zwischen den inhaftierten Politikern ausgebreitet, dass
sie für den normalen Leser eher spannungshemmend wirken.
Fazit: die verdienstvolle Würdigung eines der ungewöhnlichsten Kriegsereignisse des
Zweiten Weltkrieges, als fesselnde Lektüre aber eher nur für den historisch
interessierten Laien geeignet.
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