HANS-PETER von PESCHKE: „WAS WÄRE WENN“


In der angelsächsischen Literatur gehören „Was wäre wenn“-Romane zu einer beliebten Spezies, während es nur wenige deutsche Autoren mit nennenswerten Erfolgen auf diesem Gebiet gibt wie Christian von Ditfurth („Der 21. Juli“, „Die Mauer steht am Rhein“ u.a.m.). Nun legt der Historiker und Journalist Hans-Peter von Peschke eine quasi-wissenschaftliche Studie dieser sogenannten kontrafaktischen Geschichte vor.
„Was wäre wenn. Alternative Geschichte“ ist das überschrieben und der Autor geht diese historische Zeitreise nicht als Roman sondern als eine Art Non Fiction-Studie an. Anhand konkreter Ereignisse der Weltgeschichte, die allesamt von lenkender Bedeutung für die aktuelle oder künftige Entwicklung waren, stellt er den realen Verläufen denkbare Alternativen gegenüber. Der eine Faktor, der in der Annahme jeweils verändert wird, muss dabei plausibel sein, also eine ernstzunehmende Alternativentwicklung aufzeigen.
Das beginnt dann bei Cäsar, der zu den Iden des März im Jahre 44 v. Chr. auf die besorgten Warnungen seiner Gattin hört und nicht in den Senat geht. Die ohnehin auf wackeligen Füßen stehende Fronde gegen ihn wäre ohne das erfolgreiche Attentat zusammengebrochen mit mutmaßlich gänzlich anderen Fortentwicklungen des Römischen Weltreichs. Damit startet der Zug durch neun thematische Kapitel und schon hier ahnt man die weit verzweigten alternativen Denkansätze bis hin zur Varus-Schlacht mit anderen Verläufen auch der germanischen Geschichte.
Die Beispiele sind geschickt gewählt und lassen Raum für endlose realitätsnahe Spekulationen. Man denke einmal weiter, wie die Reformation mit ihren gewaltigen Folgen schon früh zusammengebrochen wäre, hätte man Luther 1521 erwischt und auf dem Scheiterhaufen verbrannt. Hätte es je eine Großmacht Preußen und damit auch den maßgeblichen Nukleus für das zweite deutsche Kaiserreich gegeben, wenn 1762 der Tod von Zarin Elisabeth II. den bereits vorm Untergang stehenden Friedrich den Großen (der er erst noch werden sollte!) auch nur einige Wochen später eingetreten und ihn nicht gerettet hätte?!
Die USA gäbe es vielleicht gar nicht als Weltmacht, hätten die weit überlegenen britischen Streitkräfte 1775 im Unabhängigkeitskrieg nicht derartig versagt und Adolf Hitler hätte wohl nicht mal mehr die Olympischen Spiele von 1936 im Amt des Führers erlebt, wenn die Alliierten sich beim Einmarsch der Wehrmacht ins Rheinland nicht einfach so düpieren lassen hätten. Natürlich gab und gibt es gerade um die Ereignisse der beiden Weltkriege viele Alternativideen, doch auch der mögliche Erfolg des Putsches gegen Präsident Gorbatschow hätte die Weltgeschichte sehr wahrscheinlich in eine deutliche andere Richtung gelenkt.
Eine Spinnerei? Wissenschaftler tun sich verständlicherweise schwer mit solchen Schlussfolgerungen, die nicht auf Tatsachen und überprüfbaren Quellen beruhen – intelligente und sehr unterhaltsame Gedankenexperimente bietet dieses teils spannend zu lesende Buch allemal.

  # Hans-Peter von Peschke: Was wäre wenn. Alternative Geschichte; 248 Seiten; Theiss Verlag, Darmstadt;
€ 24,95

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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