PAUL AUSTER: "WINTERJOURNAL"

Paul Auster zählt zu den größten amerikanischen Autoren und immer wieder gilt er auch als Anwärter auf den Nobelpreis. Nach vielen großartigen Romane kehrt er nun mit Mitte 60 gewissermaßen zurück zu seinen Anfängen, als er vor gut 30 Jahren mit dem autobiographischen Essay "Die Erfindung der Einsamkeit" die stets komplizierte Beziehung zu seinem Vater literarisch aufarbeitete und damit seinen Durchbruch erlebte.

"Winterjournal" ist das neue Buch überschrieben und Auster schrieb es in der zweiten Person Einzahl, als schreibe er einen langen Brief an sich selbst. Die Bilanz, die er darin zieht, ist von großer Offenheit und er geht schonungslos ins Detail. Und immerhin ist der hochintellektuelle Künstler stets auch ein Mann von intensiv ausgelebter Körperlichkeit gewesen.

Als Meister des Wortes versteht er es sogar, die Schilderungen der 21 ständigen Wohnsitze seines Lebens lesenswert zu gestalten. Um so mehr die wichtigsten persönlichen Beziehungen, bei denen der recht skurrile Tod des Vaters ohne Möglichkeit eines Abschieds jedoch zurücktritt gegenüber der ähnlich überraschend verstorbenen Mutter. Auch Frauen, die er geliebt hat einschließlich der ersten Ehefrau, einer Literatin, finden ihren Platz, wurden allerdings in einigen der hinreißendsten Passagen des Buches von der großen Liebe seines Lebens an den Rand gedrängt.

Da wird die Reflektion zu einer glühenden Liebeserklärung an seine langjährige Ehefrau Siri Hustvedt. War er zunächst begeistert von der Schönheit der Erfolgsautorin, entdeckte er bald voller Faszination, dass sie zudem einen brillanten Geist aufweist. Dazu schreibt er den funkelnden Satz: "Intelligenz ist die eine Fähigkeit der Menschen, die man nicht vortäuschen kann."

Dieses Buch ist gleichwohl keine wirkliche Autobiographie, eher ein nachdenkliches Bilanzziehen, das in einer beeindruckend unsentimentalen Weise in die geradezu genialen Feststellung mündet: "Eine Tür hat sich geschlossen. Eine andere hat sich geöffnet. Du bist in den Winter deines Lebens eingetreten."

Mag das Alles auch hinter seinen bisherigen literarischen Glanztaten zurückstehen, so ist es doch hochpersönlich und selten lässt ein Autor seine Leser so nah an sich herankommen. Fazit: nicht nur für die vielen Auster-Fans eine lohnenswerte Lektüre.

 

# Paul Auster: Winterjournal (aus dem Amerikanischen von Werner Schmitz); 256 Seiten; Rowohlt Verlag, Reinbek; € 19,95

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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