RAQUEL J. PALACIO: "WUNDER"

August Pullman, allgemein Auggie genannt, wohnt mit seinem seinen Eltern und der älteren Schwester Via in New York. Der Zehnjährige lebt in sehr harmonischen Verhältnissen, dennoch ist er unglücklich und das kann man nur zu gut verstehen: er wurde mit einer schweren Ausformung des Treacher-Collins-Syndroms geboren und trotz mittlerweile 27 Operationen wird sein Gesicht für immer monströs entstellt sein.

"Ich werde nicht beschreiben, wie ich aussehe. Was immer ihr euch vorstellt - es ist schlimmer." Wegen der Operationen, die ihm trotz all der Deformationen überhaupt erst ermöglichten zu essen, zu trinken und zu sprechen, hat ihn bisher seine Mutter unterrichtet. Nun aber soll er erstmals zur Schule gehen und er hat furchtbare Angst. Er weiß ja, dass ihn alle als Außenseiter anstarren werden, und am liebsten würde er das Schreckliche hinter einer Maske verbergen.

Wie es sich anfühlt, als solch ein abstoßend aussehender Junge zur Schule zu gehen, wie jemand auch nur den Spießrutenlauf des ersten Tages übersteht, davon handelt Raquel J. Palacios Roman, "Wunder". Zwischen Abscheu, Entsetzen und sogar Furcht schwanken die Reaktionen, als Auggie im August erstmals in der Middle-School erscheint. Wenigstens ist Direktor Pomann ein verständnisvoller und kluger Schulleiter und während ihn alle anderen meiden, setzt sich in der Mittagspause die selbstbewusste Summer an Auggies Tisch - der Beginn einer schönen Freundschaft,

Doch allmählich entwickeln sich trotz mancher Anfeindungen teils sehr hässlicher Art weitere Freundschaften und dass die mal Wut verursachenden, mal berührenden Erlebnisse so tief unter die Haut gehen, hat gerade damit zu tun, dass Auggie sie mit seiner ebenso verletzlichen wie spröden Art selbst erzählt. Natürlich macht er seine Qualen deutlich, ohne jedoch um Mitleid zu heischen, obwohl das Angestarrtwerden und das Mobben scheinbar nie nachlässt.

Aber es widerfährt ihm ja auch Gutes und wenn plötzlich Schwester Via und dann auch Mitschüler und Freunde erzählen, erfährt man von ihrer Verunsicherung im Umgang mit Auggie. Zugleich machen gerade die anderen Stimmen deutlich, wie seine Klugheit und sein Witz sie immer mehr für ihn einnehmen. Die schnörkellose Sprache und die Perspektivwechsel sorgen für Spannung, vor allem jedoch hat dieser sensioble Roman, der einem des öfteren die Augen feucht werden lässt, trotz des ungeheuer bedrückenden Schicksals dieses liebenswerten Jungen so viel Charme und Weisheit, dass junge Leser ab zehn Jahre wie auch Erwachsene ihn nicht mehr aus der Hand legen können.

Fazit: eine unvergessliche Geschichte und einer dieser wunderbaren Romane, die man unbedingt ein zweites Mal wird lesen wollen.

 

# Raquel J. Palacio: Wunder (aus dem Amerikanischen von André Mumot); 381 Seiten; Carl Hanser Verlag, München: 16,90

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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