SANDRA FORTY: "THE BEATLES - INSIDE BEATLEMANIA"

Die Beatles waren und sind die populärste und mit über zwei Milliarden Tonträgern auch erfolgreichste Musikgruppe aller Zeiten. Im Herbst 1962 hatten sie mit "Love me do" einen ersten kleinen Hit, am 24. Januar 1963 aber kam "Please please me" auf Platz 33 in die britische Hitparade und stürmte im Februar auf Platz 1.

Das und die folgenden Jahre bis zur Auflösung der Band Anfang 1970 ist eine vielfach beschriebene spannende Geschichte. Für spätere Generationen jedoch weniger bekannt und wohl auch nur schwer nachzuvollziehen ist die Beatlemania, eine kaum fassbare Euphoriewelle mit teils irren Auswüchsen. Sandra Forty hat sich diesem Phänomen, das mit dem ersten richtigen Hit losgetreten wurde, mit ihrem Textbildband "The Beatles - Beatlemania" gewidmet.

Bei diesem Hit war es noch schiere Begeisterung wie auch beim Folgehit "From me to you". Doch die Euphorie wuchs explosionsartig an, ausgeflippte Teenies kreischten sich reihenweise in die Ohnmacht, die tapferen Bobbies wurden beim Absperren schlichtweg überrannt und auch John, Paul, George und Ringo bekamen schon im ersten Sommer ihrer grandiosen Karriere die Manie hemmungsloser Fan-Begeisterung zu spüren.

Der schon bald kursierende Begriff "Beatlemania" wird den Medien zugeschrieben und im August 1963 erhielt die sich epidemisch ausbreitende Welle mit dem "Yeah yeah yeah" aus dem neuen Hit "She loves you" endgültig ihren Schlachtruf. Die Dokumentation aber beschreibt zunächst einmal den Weg von den "Quarrymen" über die "Silver Beatles" zu "The Beatles" auf, wie sie sich nannten, als sie 1961 ihr erstes Engagement in Hamburg antraten.

Kompakte Biographien der Vier wie auch der kurzzeitigen frühen Mitglieder Pete Best und Stu Sutcliffe, wichtiger Helfer wie dem pfiffigen Manager Brian Epstein und dem kongenialen Produzenten George Martin sowie Daten und Fotos wichtiger Partnerinnen sind über das Buch verstreut. Eine großartige Hilfe zur Verfolgung der Band-Vita sind die Timelines, eine Art exakter Chronik mit vielen interessanten und zum Teil auch überraschenden Zahlen und Fakten.

Wenn sich das ganz in Englisch gehaltene Buch auch mit der gesamten Beatles-Ära und mit den ersten Jahren danach befasst, so ist das zentrale Kapitel zu Recht mit "Beatlemania 1964-65" überschrieben. Bilder und Fakten belegen es: was in Großbritannien 1963 geradezu rauschhaft erblüht war, wurde in diesen beiden Jahren zu einer weltweiten Welle hemmungsloser Fan-Begeisterung.

Im Januar 1964 stürmte "I want to hold your Hand" an die Spitze der US-Hitparade und im April zeigten die Billboard-Charts eine sensationelle und unwiederholbare Konstellation auf: eine Woche lang belegten die "Fab Four" die Plätze 1 bis 5 mit ihren Hits! Bei den nun einsetzenden Tourneen durch Amerika brachen die Beatles alle Rekorde mit bis zu 60.000 alles durch ihr Kreischen übertönende Fans, sie sorgten für Verkehrschaos und belagerte Hotels und Flughäfen.

Queen Elizabeth ehrte die Beatles als speziellen Exportschlager mit dem MBE-Orden und Premierminister Harold Wilson zeigte sich mit den Künstlern. Es kamen noch die Filme "A hard Day's Night" und "Help!" hinzu und was immer die Vier herausbrachten, wurde umgehend vergoldet. Doch die Beatlemania zeigte bald auch ihre Kehrseite, als die Jungs sich in ihren Hotels verbarrikadieren mussten, ihre Partnerinnen sogar tätlich angegangen wurden. Und es flogen nicht nur feuchte Höschen auf die Bühne, so hatte Paul durch ein Fan-Feuerzeug zwei Tage lang ein zugeschwollenes Auge.

Mag die allgemeine Beatlemania auch bis über die Trennung des Quartetts hinaus fortbestanden haben, die eigentliche schrille Blüte fand 1966 ihr Ende. Schon aus einem konkret sachlichen Grund: die Beatles beendeten quasi ihre Live-Karriere, entzogen sich weitgehend der Öffentlichkeit. Noch einmal gab es riesige Konzerte, aber auch das bedrohliche Desaster auf den Philippinen und den Skandal um Johns Jesus-Zitat. Da hatte er im Frühjahr einer englischen Zeitung gegenüber folgenlos gesagt, die Beatles seien jetzt populärer als Jesus. Fünf Monate später aber regte sich in den Südstaaten der USA ein solcher Volkszorn, dass Beatles-Musik von den Radiosendern verbannt und sogar ihre Platten verbrannt wurden.

Und dennoch setzten die Beatles am 25. Juni 1967 der Beatlemania noch einmal eine einzigartige Krone auf - die weltweite Live-Fernsehübertragung von "All you need is Love" sahen 400 Millionen Menschen. Für Zeitgenossen bietet dieser Band hinreißende Nostalgie und wenn jüngere Leser ungläubig über all die Fakten und die alten Fotos staunen, unterlegt die beigefügte über einstündige DVD mit Originalmaterial der BBC die beschriebenen Vorgänge. Fazit: ein absolutes Muss für jeden, der sich für Musik und Zeitgeschichte interessiert, und das für einen erstaunlich günstigen Preis.

# Sandra Forty: The Beatles - Beatlemania; 192 Seiten, über 200 Abb., Großformat, 1 DVD; Edition Olms, Zürich; € 19,95