GEOFF MORTIMER: "WALLENSTEIN"

Albrecht von Wallenstein (1583-1634) war die wohl umstrittenste und zugleich eine der wichtigsten Figuren des Dreißigjährigen Krieges. Fakt ist, dass er organisatorisch und militärisch ein Genie war und die katholische Seite des Habsburger-Kaisers zweimal vor der Niederlage rettete.

Dem stehen jedoch vielfältige Legenden und Verurteilungen entgegen, die ihn als prunksüchtigen und von Ehrgeiz getriebenen Egomanen, Horoskop-Gläubigen und Verräter erscheinen lassen. Daraus sind auch historische und biographische Darstellungen erwachsen, die ein zumindest widersprüchliches Bild zeichnen. Dies hat nun der britische Historiker Geoff Mortimer, Spezialist für diese Ära, in seiner Biographie "Wallenstein. Rätselhaftes Genie des Dreißigjährigen Krieges" anhand umfangreichen Quellenmaterials kritisch untersucht.

Dabei führt er stringent Beweis gegen die vielen Vorurteile und Mythen, erklärt aber auch, wie Wallenstein durch seinen militärischen und wirtschaftlichen Erfolg ebenso Neid erregte wie durch die immer mächtiger werdende Stellung, die ihn dank seines immensen kriegsbedingten Vermögenszuwachses und der von ihm aufgestellten Armeen für den Kaiser unverzichtbar machte.

Im Gegensatz zu diesem war Wallenstein aber kein verbohrter katholischer Fundamentalist, sondern kühl kalkulierend und pragmatisch und selbst seine vermeintlich überbordende Horoskop-Gläubigkeit widerlegt der Historiker, zumal das Befragen von Astrologen in jener Zeit allgemein üblich war. Als ihn seine Feinde im eigenen Lager zu Fall bringen wollten, konnten sie dies nur durch Lügen in Gang setzen. Dazu diente gegenüber dem Kaiser die Mär vom krankhaften Ehrgeiz des mächtigen Heerführers, denn erst diese Charakterisierung ließ die entscheidenden Gerüchte glaubhaft erscheinen.

Da wurde Anfang 1634 - Wallenstein war bereits schwer krank - in einem Geheimbericht an den Kaiser behauptet, der Generalissimus bereite einen Staatstreich gegen das Habsburger Kaisertum vor. Fatalerweise überredeten just in dieser Phase einige Offiziere um Wallenstein die Generäle und Oberste dazu, einen Treueeid auf ihn zu leisten. Das erschien nun als die Bestätigung für Putschpläne und ein geheimes Tribunal verurteilte Wallenstein ohen Anklage und Prozess in Abwesenheit.

Gleich nach der Ermordung durch eine gedungene Soldateska wurde sodann eine ebenso üble wie erfolgreiche Propaganda gegen den angeblichen Verräter in Gang gesetzt und mit einer Fülle von Verunglimpfungen angereichert. Mit Folgen, die sich bis in die Gegenwart und selbst in historische Werke namhafter Autoren gehalten haben. Es ist das große Verdienst Mortimers, dass er diese Vorurteile und Mythen ad absurdum führt oder zumindest relativiert.

Freigelegt wird dabei nicht nur der Blick auf eine Ausnahmepersönlichkeit, die in vielem ihrer Zeit voraus war. Das Alles liest sich außerdem sehr schlüssig und lebendig und Mortimer legt den Schluss nahe, den bereits Friedrich Schiller seinerzeit wohl zu recht zog, als er sagte, Wallensteins Unglück sei, dass seine Feinde ihn überlebten und seine Geschichte schrieben.

 

# Geoff Mortimer: Wallenstein. Rätselhaftes Genie des Dreißigjährigen Krieges (aus dem Englischen von Geoff Mortimer und Claus Cartellieri); 336 Seiten, div. SW-Abb.; Primus Verlag, Darmstadt;

€ 29,90

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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