MAXIMILIAN SCHELL: "ICH FLIEGE ÜBER DUNKLE TÄLER"

Eine Autobiographie kann man es wirklich nicht nennen, was Maximilian Schell da vorlegt, aber er nennt es selbst nicht so sondern "Erinnerungen". Dabei aber handelt es sich um sehr persönliche private und berufliche Begebenheiten, die der große Mime hier sprachmächtig und überaus souverän offenbart.

"Ich fliege über dunkle Täler" hat er er das Buch überschrieben und er geht in seinem Reigen der Erinnerungen recht chronologisch vor. Mal ist es die unruhige Kindheit in der Wiener Künstlerfamilie, die 1938 vor den Nazis in die Schweiz flieht, mal ist es die frühe Schauspielkarriere mit Stationen in der Provinz. Bis zu ersten Höhepunkten wie dem "Hamlet", der dem jungen Schell unter Gustav Gründgens zu einem Meilenstein der deutschen Theatergeschichte gerät.

Und natürlich der Weg zum Oscar, dem ersten für einen deutschsprachigen Schauspieler nach dem Zweiten Weltkrieg, wo Schell in "Das Urteil von Nürnberg" als Nazi-Verteidiger im typischen Volksgerichtshof-Ton ausrastet. Als Schell die Trophäe 1962 erhielt, war er sicher, niemand würde über ihn künftig in Deutschland noch als den kleinen Bruder der großen Maria Schell reden. Doch was sagte die Schlagzeile, als er am nächsten Tag nach Frankfurt flog: "Der kleine Bruder von Maria Schell gewinnt den Oscar."

Kein bisschen eitel erzählt der Weltstar, der ja auch erfolgreich als Regisseur, Produzent und Drehbuchautor gearbeitet hat, von seiner engen Freundschaft mit dem von ihm sehr verehrten Marlon Brando oder dem sehr speziellen Verhältnis zur schwierigen Diva Marlene Dietrich. Es liest sich spannend, wie er mit dem zurückgezogen lebenden Star das Porträt "Marlene" drehte, ohne sie selbst filmen zu dürfen. Ähnlich schwierig gerieten die Arbeiten an seinem Film "Meine Schwester Maria", denn der allürenhafte Altstar ist da bereits dement.

Maximilian Schell erzählt offen mit einem Gespür für Poesie und einem sehr eigenen Duktus und wenn zuweilen ein gewisser Narzismus durchscheint - er ist halt ein großer Schauspieler. Vor allem aber hat er ungeheuer viel und Spannendes zu berichten. Fazit: ein Memoirenband der Extraklasse, von einem Genießer für Genießer.

 

# Maximilian Schell: Ich fliege über dunkle Täler. Erinnerungen; 319 Seiten, div. Abb.; Hoffmann und Campe Verlag, Hamburg; € 24,99

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

Dieses Buch bei Amazon.de bestellen. 


Kennziffer: Bio 299 - © Wolfgang A. Niemann - www.Buchrezensionen-Online.de