UWE A. OSTER:"SEIN LEBEN WAR DAS TRAURIGSTE DER WELT"

Eine wahrlich nicht angenehme Kindheit und Jugend hatte der vor nunmehr 300 Jahren geborene Friedrich der Große (1712-1786). Die einzige liebevolle Vertraute in dieser Zeit war seine ältere Schwester Wilhelmine, die dazu befand: "Sein Leben war das traurigste der Welt".

Diesen Satz übernahm Uwe A. Oster als Titel für seine Biographie zu Friedrich II., die sich auf die Zeit von der Geburt bis zur Thronübernahme im Jahr 1740 konzentriert. Der Historiker versucht dabei auszuloten, inwieweit die immer wieder ausgebreitete Rollenverteilung vom polternden, herzlosen "Soldatenkönig" als Vater und dem unschuldigen zarten Friedrich als sensibles kunstliebendes Opfer mit den tatsächlichen Verhältnissen übereinstimmt.

Unbestritten ist der übermäßig starke Gegensatz im Wesen zwischen Vater und Sohn, der offene Sympathien füreinander schier unmöglich machte. Friedrich Wilhelm I. (1688-1740) war auf Ordnung, Disziplin, Fleiß und Sparsamkeit ausgerichtet, verpönte den für seine Zeit üblichen höfischen Pomp und frönte um so intensiver seiner Leidenschaft fürs Militär und die Jagd.

Erwiesen sind seine großen Verdienste um die Konsolidierung des zersplitterten Königreich zu einem gesunden prosperierenden Staatsgebilde, aber auch seine Abneigung gegen alles, was "zu nichts nütze" war für das Wohlergehen des Staates. Und solches waren genau die Neigungen des Kronprinzen, von der Musik über die Poesie bis hin zu Literatur und "toten" Sprachen wie Latein. Erbittert verfolgte der jähzornige Vater jeden erneuten Versuch des vermeintlich missratenen Sohnes bis hin zu öffentlichen körperlichen Züchtigungen.

Höchst lebendig schildert der Autor die einzelnen Phasen des Gegeneinanders, das den späteren König bis weit ins Erwachsenenalter mit Alpträumen verfolgen sollte. Der Gipfel war jener fehlgeschlagene Fluchtversuch des Kronprinzen, der ihn fast den Kopf gekostet hätte. So fiel "nur" der seines Vertrauten Katte, wogegen er auf die Festung Küstrin verbannt wurde. Hier folgte nun nicht nur ein gewisser Wandel des so kontroversen Vater-Sohn-Verhältnises, Friedrich entwickelte 19-jährig schriftliche Vorstellungen späterer Eroberungszüge, die nicht anders als mit Ruhmsucht bewertet werden können.

Spannend stellen sich dann die Heiratspläne und die dynastischen Ränkespiele um ihre Umsetzung dar. Immerhin führte die Eheschließung nicht nur zu einer Glättung der Zwistigkeiten, sondern auch zu den glücklichsten Jahren im Leben Friedrichs auf Schloss Rheinsberg. Eigene Hofhaltung mit genügend räumlichem Abstand zum gestrengen Vater, höfisches Leben nach eigenem Gusto und - das Warten auf die eigene Machtübernahme.

Fazit: eine intensive und unterhaltsame Untersuchung zur prägendsten Phase im Leben Friedrich des Großen, die vieles bedingte, was noch kommen sollte, und sogar recht eindeutige Antworten findet auf die Mutmaßungen über seine angeblich homophile Ausrichtung.

 

# Uwe A. Oster: Sein Leben war das traurigste der Welt. Friedrich II. und der Kampf mit seinem Vater; 285 Seiten, div. Abb.; Piper Verlag, München; € 19,99

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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