JÜRGEN TRIMBORN: "ARNO BREKER"

Arno Breker (1900-1991) galt als der "Bildhauer des Führers" und er machte eine auch kommerziell einzigartige Karriere im Dritten Reich. Ähnlich dem Architekten Albert Speer und der Filmemacherin Leni Riefenstahl konnte das Künstlertalent als Ikone Nazi-Deutschlands Triumphe feiern.

Während Riefenstahl nach dem Krieg erhebliche Probleme mit ihrem weiteren Schaffen hatte und Speer sogar Jahrzehnte als Kriegsverbrecher in Haft saß, gelang es Breker, als "Mitläufer" entnazifiziert zu werden und weiterhin Erfolg und Anerkennung zu genießen. Dass er jedoch weder ein unpolitischer Profiteur der Nazis gewesen ist noch ein Beschützer jüdischer Kollegen, wie er selbst stets glauben machte, belegt nun eine neue Biographie von Jürgen Trimborn.

"Arno Breker. Der Künstler und die Macht" lautet der Titel und der erfahrene Biograph hat dazu auf eine Fülle unveröffentlichten Archivmaterials auch aus dem Ausland zurückgreifen können. Das geht bis hin zum Mitgliedsantrag, mit der der angeblich politikfremde Künstler 1937 in die NSDAP eintrat.

In Elberfeld (heute Wuppertal) geboren, hatte Breker nach dem Kunststudium in Düsseldorf in jungen Jahren eine nach eigenen Worten sehr glückliche Zeit in Paris. Der ehrgeizige Bildhauer schloss unter anderem Freundschaft mit Jean Cocteau und es war der jüdische Galerist Alfred Flechtheim, der ihn zunehmend förderte.

Nach der Machtergreifung der Nationalssozialisten witterte Breker jedoch bessere Chancen daheim. Mag er anfangs auch tatsächlich unpolitisch gewesen sein, entwickelte er sich nun zum "glühend überzeugten Nationalsozialisten", wie Trimborn nachweist. Um so mehr, als er 1936 bei einem Wettbewerb für das Skulpturenfeld für das Reichssportfeld in Berlin mit seinem arisch-heroischen "Zehnkämpfer" nicht nur eine Medaille gewann - Adolf Hitler kaufte das Kunstwerk sogar persönlich an.

Als Vorzeigekünstler stieg Breker in der Folge zu ungeahnten Höhen auf und zu den Geschenken der Machthaber - die ihn ähnlich hofierten wie er sie - gehörten unter anderem das Schloss Jäckelsbruch. Ungeniert aber bereicherte er sich auch an "arisiertem" Besitz, so übernahm er 1942 eine Villa in Berlin-Dahlem samt wertvollem Interieur. Nach dem Krieg und der durch ein Netzwerk alter Parteigenossen eingefädelten Einstufung als eher harmloser Mitläufer besaß Breker die Dreistigkeit, die Einrichtung verkaufen zu lassen, obwohl sie ihm nie gehört hatte.

Ähnlich schamlos, wie er dabei die rechtmäßige Erbin düpierte, forderte der bald wieder Fuß fassende Künstler Kunstwerke aus der Nazi-Zeit zurück, die nie in seinem Besitz gestanden hatten - teils sogar erfolgreich. Längst wieder in Ansehen stehend und durch Aufträge zahlreicher Prominenter und Industrieller erneut zu Wohlstand gekommen, distanzierte er sich öffentlich vom Hitler-Regime und dies mit großem Erfolg.

Trimborn entlarvt mit seinen wie stets exzellent recherchierten umfangreichen Quellen, dass Breker vielmehr ein linientreuer Kunstfunktionär war, der sogar einen extrem hohen Stellenwert im Machtgefüge des Reiches genoss und als Vize-Präsident der Reichskammer für Bildende Kunst ausgesprochen einflussreich war. Als Mär erweisen sich auch Behauptungen Brekers, er habe gar jüdischen Kollegen geholfen. Stattdessen belegen die Fakten, dass dieser Opportunist und Überzeugungstäter im braunen Sumpf der Nachkriegszeit fest verankert war, bis ins hohe Alter in einschlägigen Kreisen nationalsozialistisch orientierte Überzeugungen vertrat und sich gern von den braunsinnigen Freunden ehren ließ.

Ebenso sachlich wie elegant geschrieben, stellt diese spannend zu lesende Biographie eine der umstrittensten deutschen Künstlerpersönlichkeiten endlich in ein auf objektiven Fakten beruhendes Licht. Sichtbar wird dabei ein Mann von eher mäßiger künstlerischer Bedeutung, der skrupellos seine einzigartige Chance wahrnahm und sogar die Chuzpe besaß, nach dem Fall nahezu unbehelligt auf allerlei Lügen eine zweite ansehnliche Karriere aufzubauen. Fazit: Trimborns Buch ist ein Meisterwerk investigativer Biographiekunst, entstanden anhand eines wahrhaft "lohnenden" Objektes.

 

# Jürgen Trimborn: Arno Breker. Der Künstler und die Macht. Die Biographie; 712 Seiten, div. Abb.; Aufbau Verlag, Berlin; € 29,99

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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