ANDREA WALTER: "WO ELFEN NOCH HELFEN"

Eine der erfreulichsten Nebenwirkungen der Rolle Islands als Ehrengast der Frankfurter Buchmesse 2011 ist das viel bessere Kennenlernen der Lavainsel im Nordatlantik mit ihren nur 300000 Bürgern. Wen hier nun weniger spröde Zahlen und Fakten interessieren, dem sei Andrea Walters facettenreiches Porträt der fernen Republik empfohlen.

"Wo Elfen noch helfen - Warum man Island einfach lieben muss" lautet der Titel ihres Buches und das überzeugt vor allem durch sehr eigenes Erleben dessen, was Island und noch mehr die Isländer selbst ausmacht. Die junge Journalistin aus Berlin bekam ein Stipendium bei einer isländischen Zeitung und aus skeptischer Neugierde wurde sehr schnell eine solch große Liebe, dass es nicht bei dem ersten Aufenthalt blieb.

Mit unüberhörbarer Faszination stellt sie fest, dass diese äußerst eigenwilligen Nordländer ziemlich verrückt und exzentrisch sind, dabei aber von entwaffnender Liebenswürdigkeit in einer klassenlosen und sehr basisdemokratisch orientierten Gesellschaft. Übrigens halten satte 37 Prozent der Bevölkerung die Existenz der titelgebenden Elfen für "möglich" und die Isländer heizen auch tatsächlich ihre Bürgersteige im Winter.

"Wir glauben an das Leben vor dem Tod" ist der wohl wichtigste Grundsatz dieser Menschen, die bei ausgeprägtem Pragmatismus vor Fantasie und Poesie strotzen und Geschichten lieben. Jeder erzählt welche, je bunter desto lieber, der viele schwarze Humor allerdings findet auch oft genug frappierende praktische Ausformungen. Ganz ernst aber ist der Brauch eines Nachrufs für quasi jeden Verblichenen und selbst da zeigt sich die grundsätzlich positive Denkweise in Anmerkungen wie "Eigentlich hatte er an diesem Tag etwas anderes vor."

Bei den Trinksitten und noch mehr bei den kulinarischen Spezialitäten sollten ausländische Besucher allerdings Vorsicht walten lassen in einem Land, in dem ein Berufskomiker Bürgermeister der Hauptstadt werden kann und kauzige Macken nicht die Ausnahme sondern der Normalfall sind. Eine ihrer schönsten Macken aber ist die Lesewut, denn die 300000 Isländer kaufen alljährlich unglaubliche 2,5 Millionen Bücher. Und die werden garantiert auch gelesen, schließlich heißt ein schöner Leitspruch: "Besser barfuß als ohne Buch!"

Fazit: mit diesen authentischen Innenansichten eines unmöglichen Staates mit irrer Natur und hinreißendem Individualismus hat sich die Autorin den dicksten Orden des Landes verdient.

 

# Andrea Walter: Wo Elfen noch helfen - Warum man Island einfach lieben muss; 206 Seiten, Klappenbroschur; Diederichs Verlag, München;

€ 14,99

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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