JÖRG KOCH: "JOSEPH SÜß OPPENHEIMER"

Als Joseph Süß Oppenheimer am 4. Februar 1738 nach einem schändlichen Prozess hingerichtet wurde, setzten umgehend die ersten Biografien und Schmähschriften ein. Gewissermaßen als Musterbeispiel des üblen Juden, der für alles Schlechte im Lande als Sündebock dient, gipfelte das 1940 in Veit Harlans NS-Propagandafilm "Jud Süß", der den Diffamierungen die Krone aufsetzte.

Der Historiker Jörg Koch legt nun ein differenziertes Bild des brisanten Stoffes vor unter dem Titel "Joseph Süß Oppenheimer, genannt Jud Süß", wobei er sich auf die Geschichte der historischen Figur in Literatur, Film und Theater konzentriert. Sachlich schildert er den geradezu kometenhaften Aufstieg Oppenheimers vom unbekannten jüdischen Händler zu einem der bedeutendsten Finanzpolitiker seiner Zeit, die für ihn ganz 40 Lebensjahre dauerte.

Es war eine schicksalträchtige Fügung, als Oppenheimer 1733 in die Dienste des Herzogs von Württemberg trat und im Nu dessen Vertrauen gewann. Dieser Karl Alexander liebte es prunkvoll wie Ludwig XIV., benötigte entsprechend viel Geld und hatte einen Makel, der noch Folgen haben sollte: in dem überwiegend protestantischen Kleinstaat war er ein Katholik. Doch auch Oppenheimer war ein Außenseiter, der sich als nichtpraktizierender Jude von seiner Herkunftsgruppe isolierte.

Obendrein aber - und das schuf Neid und Groll - stieg er als Geheimer Finanzrat zu einem solch mächtigen sogenannten Hofjuden auf, dass er sogar mit großer Machtfülle und ungestümer Ämterhäufung Herrschaft über Nichtjuden ausübte. Es war eine grandiose ökonomische und politische Karriere. Das Schicksal schlug jedoch gnadenlos zu, als sein Mentor Karl Alexander im März 1737 urplötzlich einem Schlaganfall erlag.

Oppenheimer wurde umgehend eingekerkert und auch katholische Putschgerüchte - mit dem Herzog als mutmaßlichem Anstifter! - dürften die juristische Hetzjagd auf den zu mächtig gewordenen Juden angefeuert haben. Oppenheimer war eine Art jüdischer Fugger und Freigeist und das ein einer Zeit voller kleingeistigem Fanatismus und Aberglauben. Der Autor beleuchtet die Vorgänge mit wohltuender Sachlichkeit und stellt dabei auch die literarischen Jud-Süß-Stoffe von der Wilhelm Hauffschen Novelle (1825) über den Roman von Lion Feuchtwanger (1925) bis hin zu Oskar Roehlers Film "Jud Süß - Film ohne Gewissen" (2010) vor.

Den Abschluss dieses klugen Büchleins widmet der Historiker Dieter Wedels Inszenierung zum Thema bei den diesjährigen Nibelungenfestspielen in Worms.

 

# Jörg Koch: Joseph Süß Oppenheimer genannt "Jud Süß". Seine Geschichte in Literatur, Film und Theater; 152 Seiten, div. Abb., Broschur; Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt;

€ 14,90

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

Dieses Buch bei Amazon.de bestellen.


Kennziffer: SB 291 - © Wolfgang A. Niemann - www.Buchrezensionen-Online.de