SARA GRANT: NEVA"

Seit langen Zeiten schützt die riesige Protektosphäre den kleinen Staat Heimatland. Laut Gesetz gibt es außerhalb nach "Globalisierung" und "dem Terror" nichts Bewohnbares und kein Leben mehr. So dient die Energiekuppel als Refugium allen Lebens, in dem jedoch mangels Resourcen alles recycled werden muss und die Menschen aufgrund der genetischen Abschottung einander immer mehr gleichen.

Neva aber, die jetzt mit ihrem 16. Geburtstag gesetzlich zur Erwachsenen wird und dann auch heiraten und für Nachwuchs sorgen soll, gehört zu einer Gruppe junger Menschen, die all den Regierungsverlautbarungen immer mehr misstrauen. Ihr heimlicher Protest steht im Mittelpunkt von Sara Grants packendem dystopischen Jugendroman "Neva".

Es beginnt mit den sogenannten Dunkelparties Gleichgesinnter, die kleine aufmüpfige Aktionen planen, eher harmlose Parolenschmierereien, für die diktatorische Regierung aber gilt bereits das als absolut strafwürdiger Verstoß gegen den Patriotismus. Das System, das mit Furcht, Lügen und Fremdenfeindlichkeit regiert und alles überwacht, hat seine Augen und seine Spitzel überall. Zugleich preist es die stetig wachsende individuelle Verflachung als Fortschritt, denn: "Uniformität entspricht Gleichheit."

Neva als Tochter eines Ministers genießt nur in begrenztem Maße etwas Schutz, als die kleinen Proteste umgehend auffliegen. Doch sie hat auch ganz persönliche Probleme, denn sie verliebt sich ausgerechnet in den ebenso attraktiven wie undurchsichtigen Braydon, den Freund ihrer engsten Freundin Sanna. Zugleich nervt sie ihr anhänglicher offizieller Freund Ethan, der so systemkonform ist, dass er sie schnellstens heiraten und den Sex mit ihr haben will, den die Protestler wegen der Fortpflanzungsforderungen bewusst verweigern.

Nevas Zweifel an den Verkündungen der Regierung werden zusätzlich genährt durch kritische Aussagen ihrer seit längerem verschwundenen Großmutter. Die Situation aber verschärft sich zunehmend, immer mehr Widerständler verschwinden spurlos und Ethan gesteht verboitswidrig, dass man ihm als Mitläufer einen Orientierungschip zur Überwachung eingepflanzt hat.

Das Alles entwickelt sich zu einer rasanten Jagd nach der Wahrheit und immer neue Geheimnisse tun sich auf bis hin zu Zwangsbefruchtungen aufrührerischer Frauen und schlimmen Arbeitslagern. Bei all dem nähren vage Informationen die Hoffnung, dass es womöglich doch noch Leben außerhalb der Protektosphäre gibt. Das spitzt sich schließlich so spannend zu wie Aldous Huxleys "Schöne neue Welt" auf Speed.

Wenn so vieles nur zu erahnen ist über die Wahrheiten hinter diesem System, das an eine DDR mit absolut funktionierender Mauer erinnert, dann bleibt der Leser ähnlich im Ungewissen gehalten wie die sympathische Ich-Erzählerin. Fazit: ein beklemmender Einblick in das Leben in einem totalitären isolierten Staat und das Aufbegehren der Menschen, das nicht nur junge Leser ab etwa 14 mitreißen wird.

 

# Sara Grant: Neva (aus dem Amerikanischen von Kerstin Winter); 349 Seiten; PAN Verlag, München; € 16,99

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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