PETER WOLF u.a.: "GÖTTERDÄMMERUNG. KÖNIG LUDWIG II"

Er ist wohl weltweit einer der berühmtesten Deutschen überhaupt: König Ludwig II. von Bayern (1845-1886). Anlässlich seines 125. Todestages am 13. Juni 2011 hat ihm nun das Haus der Bayerischen Geschichte in Zusammenarbeit mit der Bayerischen Schlösserverwaltung eine große Ausstellung gewidmet.

Vom 14. Mai bis zum 16. Oktober dieses Jahres läuft sie unter dem Titel "Götterdämmerung. König Ludwig II." auf Schloss Herrenchiemsee und als Besonderheit findet sie in den bisher nicht zugänglichen unausgebauten Fluchten im Nordflügel des Schlosses statt - in beeindruckendem Kontrast zu all dem Prunk und der Pracht der bekannten Räume.

Unter dem Ausstellungstitel haben als Expertenteam Peter Wolf, Margot Hamm, Richard Loibl und Evamaria Brockhoff ein großartig konzipiertes doppelbändiges Begleitbuch herausgegeben mit einem Band als Katalog und einem als Aufsatzsammlung, jeweils mit einer Fülle von Abbildungen. Ausstellung wie Begleitbuch tun sich dabei wohltuend mit großer Sachlichkeit sowie jeglicher Vermeidung von Märchenkönigs-Kitsch hervor.

Eingangs beschreibt Projektleiter Wolf die spektakuläre Ausstellung, die einer Spezialität Ludwigs angemessen erscheint - er war ein großer Visualisierer mit dem ständigen Streben nach der perfekten Illusion. Aufgeteilt ist die Schau in fünf Akte, beginnend mit Raum 1, der sich dem Werden des Königs widmet, der mit 18 Jahren durch den plötzlichen Tod seines Vaters Maximilian II. in eine Rolle geschleudert wurde, auf die er gänzlich unvorbereitet war.

Bald schon war er in Bismarcks Reichseinigungspolitik und dann sogar in den Krieg von 1870/71 mit Frankreich samt Ausrufung des Kaiserreichs verwickelt. Hierzu gibt Akt 2 detailliert Auskunft. Und der Krieg war auch der Auslöser für Ludwig, sich seine fantastischen Gegenwelten zu schaffen. Akt 3 benötigt für diese architektonischen und künstlerischen Ausflüge von den Schlössern bis zu Wagners Opern gleich drei Räume für all die Bilder, Gegenstände und Dokumente.

Bleiben die Akte 4 zur Modernisierung Bayerns zu Ludwigs Zeiten und schließlich jener zu Ludwigs Tod und wie der zuletzt hoch verschuldete, entmündigte und abgesetzte König zum Mythos wurde. Die Autoren schauen hier präzise hinter die Kulissen und bestätigen anhand neuester Faktenlage, dass Mordtheorien nicht belegt wurden. Der Mythenbildung um den im Starnberger See offenbar ertrunkenen Sonderling steht zu Lebzeiten die völlige Entfremdung zwischen ihm und den an sich sehr königstreuen Bayern entgegen. Man nannte es die "Abwesenheit des Monarchen", als Ludwig sich nach dem Krieg zunehmend abkapselte und ab 1876 sogar keinerlei Präsenz mehr zeigte.

Ähnlich erhellend und spannend zu lesen sind aber auch die Aufsätze im zweiten Band, die sich auch der Geschichte des von Ludig immer weniger regierten Landes zuwenden. Fachleute wie interessierte Laien finden hier exzellente Ausführungen zum Beispiel zur industriellen Entwicklung - trotz der absolutistisch geprägten Gedankenwelt des Landesfürsten - oder zur Zeit nach seinem Ende. Wie immer man seine Hinterlassenschaft auch beurteilen mag, sein mit gerade 30 Jahren postuliertes Lebensziel hat Ludwig II. erreicht: "Ein ewiges Rätsel will ich bleiben mir und anderen."

 

# Peter Wolf u.a. (Hrsg.): Götterdämmerung. König Ludwig II. von Bayern und seine Zeit; 568 Seiten, ca. 300 Abb., Großformat, zwei Bände im Schmuckkarton; Primus Verlag, Darmstadt; € 39,90

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

Dieses Buch bei Amazon.de bestellen.


Kennziffer: SB 290 - © Wolfgang A. Niemann - www.Buchrezensionen-Online.de