M. EPKENHANS/R. STREMMEL: "FRIEDRICH ALFRED KRUPP"

Eine schillernde Persönlichkeit des Kaiserreichs, zu seiner Zeit reichster Mann und bedeutendster Industrieller in Deutschland, all das war Friedrich Alfred Krupp. Trotzdem gibt es bis heute keine umfassende Biografie des bedeutenden Industriellen des Kaiserreiches. Mit einem „fundierten Portrait" seiner Persönlichkeit, wie sie es selbst nennen, legen Michael Epkenhans, Leiter der Abteilung Forschung im Militärgeschichtlichen Forschungsamt der Bundeswehr in Potsdam, und Ralf Stremmel, Leiter des historischen Archivs Krupp, auf der Grundlage zahlreicher neuer Quellen mit dem Band „Alfred Krupp – Ein Unternehmer im Kaiserreich" Untersuchungen zur Persönlichkeit und zum Wirken Krupps.

In sechs Kapiteln beleuchten die Autoren verschiedene Aspekte der Persönlichkeit und der Rolle Krupps im Rahmen des Krupp-Konzerns. Außer seinem Selbstverständnis als Unternehmer und seinem Handeln im Spannungsfeld von Firmeninteresse und Politik untersuchen sie auch seine Rolle als Mäzen, sein Interesse für die Naturwissenschaften, die Rolle von Margarethe Krupp und sie gehen auf seine doch etwas zwielichtige Rolle auf der Insel Capri ein.

Im Gegensatz zu seinem hoch respektierten Vater Alfred Krupp gab es gegenüber Friedrich Alfred von Anfang an Vorbehalte, ob er in der Lage sein würde, den Konzern zu führen. „Seine Gesundheit war fragil, und mit seinen wissenschaftlichen Neigungen, seiner Sensibilität und Zurückhaltung entsprach er nicht dem Bild des Vaters vom durchsetzungsstarken, dominanten Unternehmer", beschreiben sie das Verhältnis Vater Sohn.

So ist für den 39jährigen, als er an die Spitze des Konzerns tritt, der Hauptantrieb, als Unternehmer aus dem übermächtigen Schatten des Vaters herauszutreten und seine Rolle als Unternehmer zu finden und nicht nur „Sohn und Erbe" zu sein. So lehnt er alle Versuche, sein Wirken auf eine rein repräsentative Rolle zu beschränken, brüsk ab. Er pocht darauf, „dass Besitzer und die Fabrik eins sind." Und in der Gesamtbewertung seiner Tätigkeit kommen die Autoren zu dem Schluss, dass es ihm tatsächlich weitgehend gelungen ist, das Unternehmen erfolgreich zu führen und auf eine breitere Basis zu stellen.

Ganz im Sinne des damaligen Zeitgeists sah sich Krupp als Unternehmer, ähnlich wie Kaiser Wilhelm II in seiner Auffassung des „persönlichen Regiments", als alleiniger Herrscher über das Unternehmen: „Mein Wille (…) muss unter allen und jeden Umständen maßgebend sein." Sein enges Verhältnis zum Kaiser wird beschrieben als ein fast mittelalterliches Lehnsherr–Vasallen–Verhältnis mit der Pflicht zur Fürsorge auf der einen und des Dienstes auf der anderen Seite.

Dementsprechend war auch seine Sozialpolitik im Unternehmen. Krupp zeigte sich durchaus sensibel gegenüber Not und Elend und wandte namhafte Summen auf, um diese zu lindern. Auch das Ziel, qualifizierte Kräfte an das Unternehmen zu binden und Arbeiter in die bürgerliche Gesellschaft zu integrieren, verfolgte er mit seinen vielfältigen sozialen Aktivitäten. Einher gingen diese Aktivitäten mit einer harschen Ablehnung sozialdemokratischer Aktivitäten. Auf Streiks reagierte er mit Aussperrungen, sozialdemokratischen Aktivisten drohte die Entlassung.

Ein eigenes Kapitel ist dem so genannten Capri-Skandal gewidmet. Hier an seinem Lieblingsort schlidderte der Unternehmer in eine bizarre Affäre, die ihn in der Öffentlichkeit als reichen, degenerierten Ausländer erscheinen ließ, der die Insel quasi für seine Interessen ‚gekauft’ habe. Mit diesem Skandal endet auch das Leben Friedrich Alfred Krupps im Jahr 1902. Ob er an den Folgen dieser öffentlich ausgetragenenen Kampagne gestorben ist, lassen die Autoren offen.

Wenn dieses Buch auch nicht den Anspruch erhebt, „die Biografie" zu sein, liefert es durchaus Grundlagen für eine umfassende Beschreibung des Lebens und Wirkens einer der wohl einflussreichsten Personen des Kaiserreichs und eines der mächtigsten Konzernherrn in der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg. Inwieweit der Leiter des Historischen Archivs Krupp und der Leiter der Abteilung Forschung im Militärgeschichtlichen Forschungsamts der Bundeswehr mit der gebotenen kritischen Distanz an dieses Thema herangegangen sind, könnte eine Fragestellung in der noch zu schreibenden Biografie sein.

 

# Michael Epkenhans, Ralf Stremmel (Hrsg.): Friedrich Alfred Krupp. Ein Unternehmer im Kaiserreich; 363 Seiten; div. Abb.; C. H. Beck Verlag, München; € 29,95

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