LAURENT BOUZEREAU: „ALFRED HITCHCOCK"

Alfred Hitchcock (1899-1980) war einer der größten Regisseure der Filmgeschichte, ein Pionier und Genie des Metiers, und gewann doch nie einen Oscar. Der Popularität seiner Person und noch mehr seiner vielen Meisterwerke tat das keinen Abbruch und noch heute ist sein Einfluss auf das Filmschaffen legendär.

Es mag bereits etliche Biografien zu dem Dicken mit dem tiefschwarzen britischen Humor geben, eine Hommage an das Werk und seinen Meister wie die von Laurent Bouzereau wohl kaum. Schlicht „Alfred Hitchcock" ist sie betitelt, doch es enthält ein regelrechtes Museum, herausgegeben von einem preisgekrönten Filmemacher, der exklusiv mit dem Hitchcock-Archiv zusammenarbeiten und außerdem zahlreiche bisher unveröffentlichte Fotos zeigen konnte.

Hitchcocks Filme zählen noch heute zu den meistgesehenen und viele von den 52 Werken waren seinerzeit revolutionär und wurden längst Kult. Der Autor liefert nicht nur eine Fülle spannender Hintergrundinformationen, er analysiert als Experte auch das Besondere an Hitchcocks Schaffen, das Spiel mit den filmtypischen Klischees, die Auswahl ungewöhnlicher Drehorte und Kameraeinstellungen. Da widmet sich ein Kapitel dem Thema „Falsche Männer und Antihelden", denn es gehörte zu seinen Spezialitäten, dass hier Akteure zur falschen Zeit am falschen Ort waren oder zu Unrecht unter Verdacht gerieten. Eine besondere Rolle spielten die – bevorzugt blonden – Frauen einschließlich der so wichtigen Ehefrau Alma Reville.

Und natürlich unverzichtbar all die Irren und Psychopathen. Ohnehin war der perfektionistische Regisseur sehr an Psychotherapie interessiert, was in manchen Filmen von zentraler Bedeutung wurde, denkt man an „Ich kämpfe um dich", „Marnie" oder den absoluten und bis heute unübertroffenen Psychothriller „Psycho". Bleiben die handwerklichen Geheimnisse des Jesuitenschülers mit den persönlichen Ängsten und Macken und die erhellt der Autor mit faszinierenden Schilderungen vieler Feinheiten über Bildsprache, Drehbücher, Schnitte, die Auswahl und Führung der Schauspieler bis hin zu einzigartigen athmosphärischen Kompositionen wie zum Beispiel die der unvergesslichen Horrorszenen von „Die Vögel".

Das prachtvolle Buch bietet neben all den höchst unterhaltsam aufbereiteten Geschichten zum Meister des Suspense als charmante Zugabe zehn integrierte Falttaschen mit originalgetreu nachempfundenen Faksimiles aus Leben und Arbeit Hitchcocks, wobei vor allem Entwürfe zu Storyboards, Kostümen und ähnlichem wahre Schätze für jeden Filmfreund darstellen. Fazit: man müsste nicht einmal ein Hitchcock-Fan sein, um sich von diesem Museum im Buch begeistern zu lassen. Und sofort Appetit auf den ein oder anderen der vielen beschriebenen Filme zu bekommen, nun aber mit geschärften Sinnen für manche bisher kaum erahnten Feinheiten darin.

 

# Laurent Bouzereau: Alfred Hitchcock (aus dem Amerikanischen von Ursula Fethke), 176 Seiten, 130 Abb., div. Faksimiles, Großformat; Knesebeck Verlag, München; 49,95

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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