MANFRED CLAUSS: „RAMSES DER GROßE"

Eine Biographie über Pharao Ramses II. (ca. 1303-1213 v. Chr.) schreiben zu wollen, ist ein fast unmögliches Unterfangen, legt man den Maßstab der Biografie eines modernen Menschen an. Manfred Clauss ist das sehr wohl bewusst. Mit der Biografie „Ramses der Große" versucht der emeritierte Professor für Alte Geschichte an der Johann-Wolfgang-Göthe-Universität Frankfurt so nah wie möglich an die Person des großen Pharaos heranzukommen.

Quellen, die nicht von Ramses selbst entworfen oder bestimmt worden sind, gibt es nicht. Und ein Pharao, dessen Rolle es ist, ein Priester, ja selbst ein Gott zu sein, der Ägypten und seine Menschen gegenüber den Göttern vertrat, erscheint in den Quellen sicher nicht als eine Person mit menschlichen Stärken und Schwächen.

Daher kann man sich der Person Ramses’ sicher nur nähern, indem man diese „offiziellen" Quellen gegen den Strich bürstet und versucht, Persönliches herauszudestillieren. So umfasst das Kapitel über Ramses’ Zeit als Kronprinz ganze fünf Seiten, was der dürftigen Quellenlage geschuldet ist. Dagegen enthält die Darstellung seiner 67 Regierungsjahre, die er Jahr für Jahr schildert, gleich 22 Mal die Formel: „Der Pharao lebe, sei heil und gesund!" Was bedeutet, über diese Jahre weiß die Forschung so gut wie nichts.

Anders steht es im Zusammenhang mit der Schlacht bei Qadesch gegen die Hethiter. Hier kann Clauss nachweisen, dass Ramses seine Rolle im Zusammenhang mit der Schlacht stark überhöht als „unüberwindlicher Kriegsheld, der Ägypten vor seinen Feinden beschützt und damit auch die bedrohlichen Kräfte des Chaos bannt", darstellen lässt. Auch das Umfeld des Pharao, seine Frauen, seine 49 Söhne und 40 Töchter geht er ausführlich ein und den Beamtenapparat des Pharao beleuchtet er ebenfalls.

Das wohl eindrucksvollste Zeichen seiner Bedeutung ist die Bautätigkeit des Pharaos. Mit Piramesse schuf er sich eine eigene neue Hauptstadt. Darüber hinaus beschreibt der Historiker mit Karnak, Luxor, Abu Simbel, Ramesseum und dem Tempel in Abydos, wie sich die Bedeutung des Pharaos in seinen Bauwerken manifestierte.

Wenig Licht bringt das Buch in das Verhältnis zwischen – wie wir es aus heutiger Sicht bezeichnen würden – weltlicher und geistlicher Macht. Lediglich folgende Aussage trifft er: „Ein nicht genau zu bestimmender, aber beträchtlicher Teil des heute so genannten Volksvermögens wurde unmittelbar von den Kultzentren verwaltet und war Eigentum des jeweiligen Gottes."

Um die Bedeutung Ramses II. abschließend zu beurteilen, greift Manfred Clauss auf den römischen Dichter des zweiten Jahrhunderts Plutarch zurück. Dieser hat Doppelbiographien jeweils römischer und griechischer Persönlichkeiten geschrieben. Hätte Plutarch die entsprechenden Informationen über Ramses gehabt, wäre wohl Kaiser Augustus als Gegenüber für eine Doppelbiographie in Frage gekommen. Nicht nur haben Beide eine geradezu unglaublich lange Regierungszeit vorzuweisen, ähnlich Augustus hat auch dieser Pharao zu Lebzeiten sein Land geprägt und verändert wie kaum einer seiner Vorgänger oder Nachfolger.

Mit diesem Band erscheint das zweite Buch der Reihe „Gestalten der Antike", herausgegeben von Manfred Clauss. Weitere 17 Biographien sollen folgen, darunter solche zu Alexander, Hannibal, Caesar, Kleopatra, Augustus, Nero, Marc Aurel, Konstantin und Theoderich, um nur einige zu nennen.

 

# Manfred Clauss: Ramses der Große; 214 Seiten, ca 50 s/w Abb.; Primus Verlag, Darmstadt; € 24,90

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