PETER AMES CARLIN: „PAUL McCARTNEY – DIE BIOGRAFIE"

50 Jahre ist es jetzt her, dass sich die blutjunge englische Band „The Beatles" in Hamburg die ersten Meriten als eine von vielen ungebärdigen Rockbands erspielte. Als sie sich zehn Jahre später trennten, waren sie die einflussreichste und erfolgreichste Gruppe aller Zeiten. Offiziell verkündete damals Paul McCartney die Auflösung.

Über den inzwischen von der Queen zu Sir Paul geadelten Musiker liegt nun mit „Paul McCartney – Die Biografie" von Peter Ames Carlin zwar nicht die erste aber gewiss die umfassendste Lebensbeschreibung vor. Der erfahrene amerikanische Biograf macht vor allem deutlich, dass Paul schon damals nicht nur „der Niedliche" mit den bübchenhaften Kulleraugen war, den die Mädchen so besonders liebten. Dahinter steckte ein lernbegieriger Künstler, der seine Arbeit äußerst ernst nahm und der mit dem Wachsen des Erfolges immer öfter die Führungsrolle übernahm, obwohl doch John Lennon der Bandgründer und auch älter war.

Ihre Freundschaft wie auch die Rivalität innerhalb der Band und bis in die weltberühmte unerreichte Songschreibergemeinschaft hinein wird mit vielen Zeitzeugenstimmen dargelegt. Dabei erfährt man auch, dass McCartney später bedauerte, dass er sich leichtfertig auf die Hintanstellung seines Autorennamens eingelassen hatte – was ihn verständlicherweise bei seinem alleinigen Geniestreich „Yesterday" bis heute ärgert. Wenngleich gerade die zehn Bandjahre schon anderweitig umfangreich beschrieben worden sind, so gewinnt Carlin der Endphase einige spannende neue Aspekte ab, wonach Pauls Führungsgehabe im Studio ähnlich viel zum Zerbrechen der Beatles beigetragen hat wie die ungleich öffentlichkeitswirksamere Sprengwirkung Yoko Onos.

Mag dieser Rückblick in das bewegte Beatles-Jahrzehnt auch hoch interessant sein und mit allerlei Details zur geschäftlichen Seite der Band auch weniger bekannte Seiten beleuchten, so bietet die Zeit ab 1970 das spannendere Kapitel der Vita, weil es vielfältiger, weniger untersucht und natürlich auch viel länger ist. Seien es die unsäglichen Finanzstreitigkeiten, die die ehemaligen Freunde gegeneinander aufbrachte, sei es die neue, sehr erfolgreiche Karriere als Solist oder mit den „Wings", man lernt Paul McCartney als ebenso innovativen wie bestimmenden Künstler kennen.

Nicht nur bei den späten Beatles versuchte er sich als 'Generalmusikdirektor' und gerade in solchen nicht nur positiven Passagen erweist es sich sogar als Vorteil, dass es sich hier nicht um eine autorisierte Biografie handelt, wenngleich man sich das ein oder andere Interview mit dem Künstler schon sehr gewünscht hätte. So aber konnten auch Schilderungen „ungefiltert" einfließen, die sonst vermutlich unterblieben wären, wie zum Beispiel das Vorleben der langjährigen Ehefrau Linda als flottes New Yorker Partygirl – zu deren Affären auch eine mit Mick Jagger gehörte - oder dass der Maestro seine Wings-Musiker ziemlich knauserig behandelte.

Um so berührender lesen sich nach der anfänglichen Familiengeschichte aus Pauls Kindheit und Jugend auch die schmerzlichen Phasen mit Verlusten wie den durch Johns Ermordung und später durch den Krebstod Lindas. Die ebenso sachliche wie freundliche Biografie endet mit der Zeit nach der gescheiterten Ehe mit Heather Mills und den Aufnahmen zu „Electric Arguments" unter dem Projektnamen The Fireman.

Fazit: eine lebendig geschriebene Biografie über einen der prägendsten zeitgenössischen Künstler, so umfassend und erhellend, dass man nur noch auf dessen Autobiografie gespannt sein darf. Falls die denn je kommt.

 

# Peter Ames Carlin: Paul McCartney – Die Biografie (aus dem Amerikanischen von Kirsten Borchardt); 476 Seiten, div. SW-Abb.; Hannibal Verlag, Innsbruck; 29,90

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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