DIEKMANN/REUTH: „DIE LÄNGSTE NACHT, DER GRÖSSTE TAG"

Am Donnerstag, dem 9. November 1989, sprach Günter Schabowski um 18.53 Uhr die historischen Worte von der sofortigen Freigabe der Reiseerlaubnis für alle DDR-Bürger und um 21.20 Uhr ließen die völlig unvorbereiteten DDR-Grenzer die ersten Bürger in den Westteil Berlins passieren. Wie 58 Prominente aber auch normale Bürger das einmalige Ereignis vor nunmehr 20 Jahren erlebten, das schildert der Bildband „Die längste Nacht, der größte Tag. Deutschland am 9. November 1989".

Der Journalist Kai Diekmann und der Historiker Ralf Georg Reuth haben das Buch herausgegeben und mit einer Fülle von Bildern mitten aus dem unfassbaren Geschehen zu einer spannenden Dokumentation gemacht. Viele dieser Fotos wirken amateurhaft und zeigen oft gerade deshalb um so nachvollziehbarer die unbändige Freude von Menschen, die mit dem Trabi durch jubelnde Massen von Westberlinern rollen, Menschen, die sich in den Armen liegen, aber auch konsternierte Grenzpolizisten, die den Passierenden ebenso ratlos zuschauen wie jenen Tausenden von Westlern, die die Mauer bevölkern.

Es ist wohl der Westberliner Grenzpolizist Hans-Joachim Arndt, der das einfachste und treffendste Zitat beiträgt. Er hatte daheim soeben Schabowskis auslösende Sätze gehört, als ein besorgter Kollege aus dem Dienst anrief. Arndt beruhigte ihn, es bestehe kein Grund zur Aufregung und: „Heute ist ein schöner Tag!" Der für Schwimmrekordlerin Franziska von Almsick auf immer mit dem Geschmack eines Krokant-Eisbechers beim ersten Westbesuch verbunden ist, während Schauspielerin Anja Kling die Meldungen konsterniert im bayerischen Auffanglager hörte, denn sie war wenige Tage zuvor mit ihrer Schwester über die CSSR in den Westen geflüchtet.

Auch Politiker wie Michael Gorbatschow, George Bush senior und Berlins Regiernder Bürgermeister Eberhard Diepgen äußern sich, allesamt damals in Amt und Würden. Wie auch der neue Staatsratsvorsitzende Egon Krenz, dessen Einschätzung nur zu gut nachzuvollziehen ist: „Der 9. November 1989 war der dramatischste Tag meines Lebens". Und natürlich dürfen die entscheidenden Worte jener Pressekonferenz im Gesamtkontext nicht fehlen, die Schabowski noch einmal exakt wiedergibt samt einer Schilderung der Begleitumstände. Abgerundet wird das Erinnerungsbuch mit einer Chronik des 9. und 10. November 1989, dem legendären „schönsten Tag der Deutschen".

 

 

# Kai Diekmann/Ralf Georg Reuth (Hrsg.): Die längste Nacht, der längste Tag. Deutschland am 9. November 1989; 224 Seiten, div. Abb., Großformat; Piper Verlag, München; € 14,95

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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