WERNER BIERMANN: „SOMMER 39"  

Wie war das damals vor nunmehr 70 Jahren in jenen letzten Wochen, bevor der Zweite Weltkrieg ausbrach? Dazu gibt es den 90-minütigen Dokumentarfilm „Sommer 39", der am 31. August um 23.15 Uhr im WDR-Fernsehen ausgestrahlt wird. Werner Biermann hat dazu nun unter dem gleichen Titel das Begleitbuch vorgelegt, das in ausgesprochen fesselnder Weise große Politik und persönliche Schicksale miteinander verwebt.

Der Sommer 1939 ist besonders heiß und in ganz Europa wollen die Menschen für eine Weile die Alltagssorgen und auch die düsteren Wolken der Kriegsgefahr vergessen. Doch während Millionen diese Wochen genießen, laufen auf politischer, diplomatischer und militärischer Ebene allenthalbe fieberhafte Verhandlungen und Vorbereitungen. Noch ringen die Alliierten um den Erhalt des Friedens, Hitler jedoch steuert unbeirrbar auf den Krieg zu, den er endlich haben will.

Buch wie Film widmen sich aber nicht nur den Sommermonaten sondern dem gesamten Schicksalsjahr und beginnen im März, als Hitler die Vorarbeiten für die Zerschlagung der sogenannten Rest-Tschechei betreibt, während sich die Menschen in Paris für die kommende Mode interessieren. Immer wieder wechseln die kurzen Blicke von einzelnen Personen, die in der nahen Zukunft entweder eine Rolle spielen oder hilflose Zeitzeugen sind, zu Ereignissen, die wichtige Auswirkungen haben oder zumindest im Rückblick unvergessen geblieben sind.

Da begleiten wir die emigrierten Schriftsteller Thomas Mann und Bertolt Brecht bei ihrem Schweden-Aufenthalt am Vorabend des Kriegsausbruchs oder erfahren von diplomatischen Erfahrungen, die ein gewisser John F. Kennedy in Europa sammelt. Im eigentlichen Sommer erkämpft sich der von den Nazis fallengelassene Max Schmeling den Europameister-Titel und Lale Andersen nimmt „Lili Marleen" auf, das im Krieg zum Lieblingsschlager für Millionen Soldaten beiderseits der Fronten werden sollte. Ebenso werden aber auch ganz private Schicksale dargestellt vom Leben auf einem Bauernhof, das von den Einberufungen zur Wehrmacht betroffen ist, bis zum Selbstmord eines „gemischtrassigen" Liebespaares.

Und schließlich kommen die Streiflichter des Kriegsausbruchs von vielen Orten und Zeitzeugen. Den Abschluss findet die spannende Chronik am 11. November mit den französischen Feiern zum Ende des Weltkriegs vor 21 Jahren. Bei dem die Menschen vom neuen Krieg noch als „Drole de Guerre" reden – es sei ein komischer Krieg, denn im Westen tut sich ja quasi nichts...

 

# Werner Biermann: Sommer 39; 286 Seiten, div. Abb.; Rowohlt Verlag, Reinbek; € 19,90

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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