PATRICK FINDEIS: „KEIN SCHÖNER LAND"

Wehe dem, der die Provinz zu sehr in sich hat, er wird ihr kaum entkommen. Wie Olaf und Jürgen aus der kleinen Kreisstadt Friedberg irgendwie im Südwesten oder Uwe und Alexander aus dem nur äußerlich halbwegs idyllischen Dorf Rottensol nahbei. In die Großstadt treibt es sie oder gar in die Fremdenlegion: oder auf die Walz, wie den Zimmerergesellen Uwe.

WiE ihr Ausbruchsversuch scheitert, wie sie heimkehren in die Engstirnigkeit, die familiären Lebenslügen und die menschliche Kälte des öden Landstrichs, um auf irgendweine Weise ungeklärte Ereignisse doch noch verstehen zu können, davon erzählt Patrick Findeis in seinem ungewöhnlichen Debütroman „Kein schöner Land". Die wahrhaft tragische Figur darin ist Uwe, der Sohn der Gastwirtsleute Alfons und Angelika. Von Beginn an hat er schlechte Karten, denn er sieht dem Bauern Späht viel ähnlicher als dem zugezogenen Vater.

Von der Mutter bekommt er jedoch auch nicht mehr Zuneigung, vielmehr gibt sie mit ihrem gefühlskalten Egoismus sogar den letzten Anstoß für Uwes jammervolles Ende. Aber auch mit der drogensüchtigen Jugendliebe Nicki bleiben ihm nur Ahnungen davon, was ein kleines Glück vielleicht hätte sein können, während Jugendfreund Olaf ihn bereits verstößt, als sich ihre Schulwege trennen, Olaf zum Gymnasium, Uwe zu Hauptschule und Handwerkslehre.

Dass Uwe keine Chance hat, obwohl gerade er als Einziger hier im Dorf leben möchte, wird ebenso schnell deutlich wie das Scheitern der anderen Drei, die allenfalls im Überleben etwas mehr Glück haben. Und dann ist da der Brand in der Schlosserei von Olafs Vater, von dem offen bleibt, ob es Fahrlässigkeit, Brandstiftung aus Hass oder ein Versicherungsbetrug war. Immerhin brachte er vor Jahren vieles ins Rollen und war auch für das Verschwinden einiger der Jungen der Auslöser. Rottensol aber wird zum Kristallisationspunkt eines Kosmos, aus dem man wirklich nur fliehen möchte, denn die Lebensumstände sind hier so dürr wie die Gespräche untereinander.

Mit seinen wortkargen Dialogen, den Zeitsprüngen von einem zum anderen Protagonisten und mit dieser dichten, unentrinnbaren Sprache hat Patrick Findeis ein beklemmendes Bild der Provinz gezeichnet, beklemmend vor allem, weil es so realistisch anmutet. Fazit: ein hervorragendes Debüt, auch wenn das Geschehen in seiner Perspektivlosigkeit eine solche Melancholie verströmt.

 

# Patrick Findeis: Kein schöner Land; 202 Seiten; Deutsche Verlagsanstalt, München; € 18,95

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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