EDMUND HARTSCH: „MAFFAY. AUF DEM WEG ZU MIR"

„Ohne Musik wäre das Leben ein Irrtum!" Dieses Zitat ist quasi das Grundprinzip Peter Maffays und pünktlich zu seinem 60. Geburtstag am 30. August belegt die autorisierte Biografie, wie intensiv der Ausnahmekünstler danach gelebt hat. „Maffay. Auf dem Weg zu mir" ist das Buch überschrieben und Autor Edmund Hartsch hat aufgrund der Fülle des Materials aus einem wahrlich ungewöhnlichen Leben rund drei Jahre dafür benötigt.

Schon das Auftaktkapitel ist spannend, denn hier wird die Herkunft und die Zeit bis zur fluchtartigen Ausreise aus Rumänien beschrieben. Der bürgerliche Name Maffays lautet Peter Alexander Makkay, väterlicherseits von ungarischer Abstammung, ist die Mutter deutschstämmige Siebenbürger Sächsin. Es sind ausgesprochen widrige Lebensumstände mit ständig zunehmendem Druck des kommunistischen Systems auf Deutschstämmige. So gelangt die Familie 1963 mit Glück ins bayerische Waldkraiburg.

Schon als damals 14-Jähriger hatte der spätere Schulabbrecher nichts als Musik im Sinn und ab 1964 mit „The Dukes" die erste Band. Sein Schicksalstag kommt dann am 13. August 1969, während er mit Schulfreundin Margrit als Duo im Stile von Esther und Abi Ofarim für wenig Geld durch die Kneipen tingelt. An diesem Abend aber hört ihn Roswitha, Ehefrau des aufstrebenden Musikproduzenten Michael Kunze. Dem hat Peter Orloff den Schmusesong „Du" geschrieben und es fehlt nur noch der passende Sänger. „Du" wird der Hit des Jahres 1970, Schwulst und Honig des Evergreens aber hängen Peter Maffay noch viele Jahre mit dem Schmähruf des Schlagerfuzzis an.

Das führt 1982 sogar zu einer der dunkelsten Erfahrungen des längst zum deutschen Superstar aufgestiegenen Sängers, der schon nach den Anfangsjahren ausgerechnet in der Jugendpostille „Bravo" bekannte: „Am liebsten wäre ich ein wilder Rocker". Tatsächlich schaffte Maffay mit viel siebenbürgischem Temperament – bei gleichzeitiger Allergie gegen Vorschiften und Befehle – den umgekehrten Weg von Elvis oder Bryan Adams: im Gegensatz zu diesen startete er als Schlagersänger mit viel Seichtmusik und wandelte sich erfolgreich zum gestandenen Rockmusiker. Bis zu jenem Fehlgriff, als er sich als Vorgruppe für die Rolling Stones engagieren ließ und wegen der Schlagervergangenheit gnadenlos niedergemacht wurde.

Was zu dieser Zeit längst daneben lag, denn bereits 1979 war ihm der Schwenk mit dem Album „Steppenwolf" und sensationellem Erfolg geglückt. Nach diesem Millionseller war das Album „Revanche" noch erfolgreicher und weitere Millionseller-Alben – stets auch mit vielen Eigenkompositionen – folgten und sorgten für eine riesige Fan-Gemeinde. Hinzu kam Maffays steigendes politisches Engagement, das eindeutig grüne Züge trug, wobei der Hit „Eiszeit" ihm heute noch gewissermaßen als Hymne wichtig ist. Längst produzierte er im eigenen „Red Rooster"-Studio und ab 1983 entsteht völlig abweichend „Tabaluga", das Märchen vom kleinen grünen Drachen, der nicht erwachsen werden will. Daraus wird später sogar ein Musical mit Dauererfolg.

Doch auch Maffays Nachtseiten kommen in dieser Biografie zur Sprache, von der Autor Hartsch bei aller Freundschaft zu dem Künstler sagt, sie sei „keine Laudatio". Motorradfan Maffay steht ständig unter Strom, die Arbeit mit der Musik füllt seine Tage derartig intensiv aus, dass darüber drei Ehen zerbrechen. Und während er zu den wenigen Größen der Rockszene gehört, die nie Drogen konsumierten, raucht er täglich 80 Zigaretten und wird zeitweise zum exzessiven Trinker mit bis zu drei Flaschen Whisky am Tag. Erst eine – glücklicherweise irrtümliche – Lungenkrebsdiagnose ließ ihn einen Wandel vornehmen. Längst lebt er mit Ehefrau Nummer 4 Tanja und dem kleinen Sohn auf einer Finca auf Mallorca – deutlich gesünder und um einiges ruhiger.

Gleichwohl waren auch die letzten 10, 15 Jahre ausgefüllt mit außergewöhnlichen Aktivitäten, für die er bereits zahlreiche Ehrungen als Wohltäter und Weltmusiker erhielt. Da ist sein soziales Engagement zum Wohle traumatisierter Kinder zu nennen oder das Projekt „Begegnungen", bei dem er Musiker aus aller Welt für eine Allianz für Kinder zusammenrief. Und eben erst hat der immer noch ziemlich Rastlose nach Jahrzehnten seine alte Heimat Rumänien besucht und schon entstanden Ideen für ein neues Kinderprojekt.

Geboten wird hier ein hinreißender Blick auf 60 Jahre Leben eines sympathischen Künstlers, der die deutsche Musikszene wie nur wenige beeinflusst hat. Einher gehen spannende Einblicke in die hiesige Popmusikentwicklung in der 70er und 80er Jahren. So manches wenig Bekannte kommt hier zutage und manche der teils bisher unveröffentlichten rund 300 Fotos lassen einfach nur grinsen, wenn da ein sichtlich nicht sehr glücklicher „Schlagerfuzzi" Peter Maffay im leuchtend gelben Anzug und pinkfarbenen Highheels sitzt. Fazit: mehr als nur eine Musiker-Biografie und – man muss nicht einmal ein Maffay-Fan sein, um viel Vergnügen an diesem Buch zu haben.

 

# Edmund Hartsch: Maffay. Auf dem Weg zu mir; 415 Seiten, div. Abb., Mittelformat; C. Bertelsmann Verlag, München; € 24,95

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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