LIONEL SHRIVER: „LIEBESPAARUNGEN"

Versuchsanordnungen mit einer Liebe zu dritt sind nicht neu können leicht ins Triviale gehen. Lionel Shriver gibt ihrem Trio jedoch eine ganz neue Variante, denn ihre Protagonistin Irina McGovern erhält die einzigartige Chance, ab einem entscheidenden Punkt die beiden Leben mit Lawrence und Ramsey gewissermaßen parallel zu erleben.

Liebespaarungen" nennt sie diesen charmanten Test aufs Glück und vielleicht ist es typisch für den Lauf des Lebens, dass Irina mit keinem der Partner ein richtiges Happy End erlebt, unglücklich wird sie allerdings auch nicht. Der Ausgangspunkt ist durchaus nach klassischem Muster angelegt, denn der amerikanischen Kinderbuchillustratorin geht es seit zehn Jahren recht gut an der Seite des Politikwissenschaftlers Lawrence, mit dem sie in London lebt. Mag er auch ein wenig langweilig sein, so ist er doch verlässlich und beschert Irina ein recht zufriedenes Miteinander.

Den zweiten Mann kennt Irina bereits flüchtig, denn sie begegnet dem Profi-Snookerspieler Ramsey Acton normalerweile einmal im Jahr, wenn er und seine Frau an seinem Geburtstag mit Irina und seinem Freund Lawrence zum Dinner gehen. Diesmal ergibt es sich jedoch, dass Ramsey inzwischen geschieden ist und Lawrence verreisen muss, sie aber bittet, das Dinner dennoch wahrzunehmen. Doch erst nachher bei einem letzten Drink bei Ramsey kommt es zu dem einen Kuss, der Irina plötzlich vor eine Weggabelung schleudert: auf diesen raubeinigen Charmeur, der mit einem Schlag unbekannte Begierden und Sehnsüchte in ihr erweckt hat, will sie fortan nicht mehr verzichten, den intelligenten und treusorgenden Fast-Ehemann Lawrence aber ebenso wenig aufgeben.

Was die Wirklichkeit nicht hergibt, Irina darf es durchleben, denn von nun an gibt es jedes Kapitel zweimal. Gekonnt und mit einer kräftigen Prise Sarkasmus werden die Parallelwelten gegenübergestellt – hier das beschauliche aber sorgenfreie Quasi-Eheleben mit dem Wissenschaftler und da das von Reisen und viel Auf und Ab geprägte Leben mit dem charismatischen Ramsey. Tief ausgelotet werden die Gefühle, Zweifel und Wünsche der parallel liebenden Frau, die erkennen muss, dass das, was man gerade nicht haben kann, nicht zwingend besser sein muss, als das, was man hat.

Es gibt keine Entscheidung, welche Wahl des Weges die Richtige gewesen wäre, allenfalls die Erkenntnis, dass man eventuell die Chance hat, das Richtige oder zumindestens etwas Gutes daraus zu machen. Daraus aber hat Lionel Shriver einen ebenso intelligenten wie charmanten Roman gemacht, der auch anspruchsvollen Lesern ein echtes Lesevergnügen bereitet.

 

# Lionel Shriver: Liebesparungen (aus dem Amerikanischen von Moniak Schmalz); 579 Seiten; Piper Verlag, München; € 19,95

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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