IAN RANKIN: „DER MACKENZIE COUP"

Ian Rankin ohne seinen Inspektor Rebus, kann das funktionieren? Wie gut, das hat der aktuell wohl beste aller britischen Krimi-Autoren schon 2007 mit einem Serienkrimi in der „New York Times" bewiesen und jetzt liegt diese Geschichte in der vervollständigten Fassung vor unter den Titel „Der Mackenzie Coup".

Allerdings beginnt dieser Roman mit einer gänzlich neuen Eröffnung, einem kurzen Schnappschuss einer viel späteren Szenerie, in der sieben Personen gefesselt sind und ein psychopathischer Ganove sie umbringen will. Doch zunächst einmal fesselt das Geschehen als flotte Kriminalkomödie, in deren Mittelpunkt drei Helden stehen, die allesamt nicht zu moralischen Vorbildern taugen, wie sich bald herausstellt.

Da ist zuvörderst Mike Mackenzie, 37, der soeben seine Software-Firma verkauft hat und sich mit seinen Millionen furchtbar langweilt. Allan Cruikshank, Ende 40, hat als Finanzberater eher das Problem, sich durchaus zu recht als graumäusigen Langweiler zu empfinden und das irgendwie abstellen zu wollen. Zu ihnen gesellt sich Robert Gissing, Leiter des Edinburgh College of Art und kurz vor der Pensionierung. Was sie eint, ist die große Liebe zur Malerei. Der charismatische Kunstprofessor schimpft auf einer Auktion wegen all der großartigen Kunstwerke, die Museen und Galerien gehören und doch mangels Platz der Öffentlichkeit verborgen bleiben müssen. In Edinburgh zum Beispiel werden sie in einem großen Lagerhaus aufbewahrt.

Aus Gissings Forderung, diese Schätze gehörten „befreit", entsteht quasi im Handumdrehen genau jene blitzgescheite kriminelle Idee, die dem Leben der ebenso verwöhnten wie gelangweilten Herren einen neuen Inhalt, einen wunderbaren Kick verleihen soll. Der Plan ist, einige ausgesuchte Gemälde zu entwenden. Ersetzt werden sollen sie durch Kopien, die ein hochtalentierter Fälscher unter Gissings Studenten fabriziert. Ein wohlüberlegtes Theater nach dem Raub soll schließlich dafür sorgen, dass mit Hilfe der Fälschungen der Eindruck eines missglückten Coups erweckt wird.

Das hört sich raffiniert an und wird erleichtert durch den alljährliche Tag der offenen Tür aller Museen, der auch für das bewusste Lagerhaus gilt. Aber – ganz ohne Hilfspersonal kann ein solch vielgliedriger Plan nicht ausgeführt werden und hier nun fangen die Schwierigkeiten an. Mackenzie rekrutiert einen alten Schulfreund, der längst zu den bekanntesten Gangstern der schottischen Hautpstadt zählt. Dieser Chib Calloway mit seinen Jungs ist zwar sehr nützlich, hat jedoch gleich zwei Achillesfersen. Da ist zum Einen eine skandinavische Gang, die ihn mit Drogen versorgt. Bei der steht er in der Kreide und ihr Eintreiber nennt sich mit zynischem Stolz „Hate". Obendrein beobachtet Inspektor Ransome Chib seit langem fast unablässig, denn er sucht eine Chance, ihn endlich einzubuchten.

Der Coup gelingt generalstabsmäßig, wie dann jedoch aus dem spannenden Seiltanz ein veritabler Albtraum wird, soll hier nicht verraten werden. Wie sich die Lage zuspitzt, wer wen ausspielt und ob sich das Verbrechen wenigstens für einen von ihnen lohnt – das entwickelt Ian Rankin ebenso flott wie fesselnd und wie immer liegt seine Meisterschaft vor allem in den meisterhaften Charakterzeichnungen. Fazit: auch ohne Inspektor Rebus ein Krimivergnügen der Spitzeklasse und absolut filmreif obendrein.

 

# Ian Rankin: Der Mackenzie Coup (aus dem Englischen von Ditte und Giovanni Bandini); 384 Seiten; Manhattan Verlag, München; € 17,95

WOLFGANG A. NIEMANN (wan/JULIUS)

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